Die täglichen Videos von März bis Juni 2021

Vom 20. März 2020 bis 21. Juni Juni 2021 gab es ein tägliches Video als Corona-Trost. Die meisten findet ihr noch auf meinem YouTube-Kanal Ernst Burmann. Hier noch eine kleine Auswahl:

21.6.

Wilhelm Busch
Sie war ein Blümlein hübsch und fein

Sie war ein Blümlein hübsch und fein,
Hell aufgeblüht im Sonnenschein.

Er war ein junger Schmetterling,
Der selig an der Blume hing.

Oft kam ein Bienlein mit Gebrumm
Und nascht und säuselt da herum.

Oft kroch ein Käfer kribbelkrab
Am hübschen Blümlein auf und ab.

Ach Gott, wie das dem Schmetterling
So schmerzlich durch die Seele ging.

Doch was am meisten ihn entsetzt,
Das Allerschlimmste kam zuletzt.

Ein alter Esel fraß die ganze
Von ihm so heißgeliebte Pflanze.

  1. 20.6.Theodor Fontane (1819 – 1898)Vorgetragen von Ilse SchreiberAm Waldessaume träumt die Föhre,
    Am Himmel weiße Wölkchen nur;
    Es ist so still, dass ich sie höre,
    Die tiefe Stille der Natur.
  2. Rings Sonnenschein auf Wies‘ und Wegen,
    Die Wipfel stumm, kein Lüftchen wach,
    Und doch, es klingt, als ström ein Regen
    Leis tönend auf das Blätterdach.
  3. MITTAG
  4. https://youtu.be/KLBiW-fMU9c
  5. 19.6.

GUTER RAT von Theodor Fontane

An einem Sommermorgen
da nimm den Wanderstab,
es fallen deine Sorgen
wie Nebel von dir ab.Des Himmels heitre Bläue
lacht dir ins Herz hinein
und schließt, wie Gottes Treue,
mit seinem Dach dich ein.
Rings Blüten nur und Triebe
und Halme von Segen schwer,
dir ist, als zöge die Liebe
des Weges nebenher.So heimisch alles klingt
als wie im Vaterhaus,
und über die Lerchen schwingt
die Seele sich hinaus.Theodor Fontane (1819-1898)

 

18.6.

Fontanes „Brücke am Tay“ versteht man nicht sofort, doch die hinweise hier und vor der wunderbaren Rezitation von Ilse Schreiber wird einem dazu verholfen.

Drei Hexen verabreden sich, um die Brücke mit dem darüber fahrenden Zug einstürzen zu lassen. Das eigentliche Unglück wird aus der Perspektive der Hexen, der „Brücknersleute“ und ihres auf dem Zug fahrenden Sohnes Johnie, der sich mit dem Zug identifiziert,  geschildert. Die Hexen verabreden das nächste Treffen und sind mit ihrem Vernichtungswerk zufrieden.

Die Ballade beginnt mit den drei Hexen aus Shakespeares Macbeth:

„Wann treffen wir drei wieder zusamm?“

„Um die siebente Stund, am Brückendamm.“

„Am Mittelpfeiler.“

„Ich lösche ie Flamm.“

„Ich mit.“

„Ich komme vom Norden her.“

„Und ich vom Süden.“

„Und ich vom Meer.“

„Hei, das gibt einen Ringelreihn,
Und die Brücke muss in den Grund hinein.“

„Und der Zug, der in die Brücke tritt

Um die siebente Stund?“

„Ei, der muss mit“

„Muss mit.“

„Tand, Tand

Ist das Gebilde von Menschenhand!“

Das vorangestellte Motto When shall we three meet again | M a c b e t h stellt den Bezug zu diesem Drama her, dessen erste Szene in der ersten Strophe der Ballade variiert wird. Die Hexen, von Shakespeares Macbeth als Gebieter über zivilisationszerstörende Elementarkräfte beschrieben, sollen als personifizierte Naturgewalten verstanden werden, die des Menschen Werk zunichtemachen werden.

Das Brückenwärterehepaar erwartet ängstlich den Zug aus Edinburgh und seinen Sohn Johnie, der sie heute, drei Tage nach Weihnachten, besuchen will.

Und die Brücknersleut, ohne Rast und Ruh
Und in Bangen sehen nach Süden zu,
Sehen und Warten, ob nicht ein Licht,
Übers Wasser hin „Ich komme“ spricht,

„Ich komme, trotz Nacht und Sturmesflug,
Ich, der Edinburger Zug.“

Die Zuversicht, mit moderner Technik alles meistern zu können, teilt auch Johnie:

Und Johnie spricht: „Die Brücke noch!
Aber was tut es, wir zwingen es doch.
Ein fester Kessel, ein doppelter Dampf,
Die bleiben Sieger in solchem Kampf,
Und wie’s auch rast und ringt und rennt,
Wir kriegen es unter: das Element.“

Stolz auf die Überlegenheit moderner Technik denkt er an die Umständlichkeiten der Zeit vor der Errichtung der Brücke:

Und unser Stolz ist unsre Brück;
Ich lache, denk ich an früher zurück,
An all den Jammer und all die Not
Mit dem elend alten Schifferboot;

Doch Johnies Eltern müssen mit ansehen, wie der Zug letztlich ins Meer stürzt:

Denn wütender wurde der Winde Spiel,
Und jetzt, als ob Feuer vom Himmel fiel’,
Erglüht es in niederschießender Pracht
Überm Wasser unten… Und wieder ist Nacht.

Damit endet die Schilderung des Unglücks. Die Hexen, die nun noch einmal zu Wort kommen, werden sich bei ihrem nächsten Treffen Details wie Zahl und Namen der Opfer und ihre Schicksale mitteilen können.

„Wann treffen wir drei wieder zusamm?“

„Um Mitternacht, am Bergeskamm.“

„Auf dem hohen Moor, am Erlenstamm.“

„Ich komme.“

„Ich mit.“

„Ich nenn’ euch die Zahl.“

„Und ich die Namen.“

„Und ich die Qual.“

„Hei! Wie Splitter brach das Gebälk entzwei.“

„Tand, Tand  ist das Gebilde von Menschenhand!“

17.6.

Theodor Fontane ZUM NEUEN JAHR

Vorgetragen von Ilse Schreiber

passt auch für jeden neuen Tag

Und wieder hier draußen…

Und wieder hier draußen ein neues Jahr –
Was werden die Tage bringen?!
Wird’s werden, wie es immer war,
Halb scheitern, halb gelingen?

Wird’s fördern das, worauf ich gebaut,
Oder vollends es verderben?
Gleichviel, was es im Kessel braut,
Nur wünsch‘ ich nicht zu sterben.

Ich möchte noch wieder im Vaterland
Die Gläser klingen lassen
Und wieder noch des Freundes Hand
Im Einverständnis fassen.

Ich möchte noch wirken und schaffen und tun
Und atmen eine Weile,
Denn um im Grabe auszuruhn,
Hat’s nimmer Not noch Eile.

Ich möchte leben, bis all dies Glühn
Rücklässt einen leuchtenden Funken
Und nicht vergeht wie die Flamm‘ im Kamin,
Die eben zu Asche gesunken.

16.6.

Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland

Von Theodor Fontane

Auf der Blumenwiese vorgetragen von Ilse Schreiber

Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
Ein Birnbaum in seinem Garten stand,
Und kam die goldene Herbsteszeit

Und die Birnen leuchteten weit und breit,
Da stopfte, wenn’s Mittag vom Turme scholl,
Der von Ribbeck sich beide Taschen voll,
Und kam in Pantinen ein Junge daher,
So rief er: »Junge, wiste ’ne Beer?«
Und kam ein Mädel, so rief er: »Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ick hebb ’ne Birn.«

So ging es viel Jahre, bis lobesam
Der von Ribbeck auf Ribbeck zu sterben kam.

Er fühlte sein Ende. ’s war Herbsteszeit,
Wieder lachten die Birnen weit und breit;
Da sagte von Ribbeck: »Ich scheide nun ab.
Legt mir eine Birne mit ins Grab.«
Und drei Tage drauf, aus dem Doppeldachhaus,
Trugen von Ribbeck sie hinaus,
Alle Bauern und Büdner mit Feiergesicht
Sangen »Jesus meine Zuversicht«,
Und die Kinder klagten, das Herze schwer:
»He is dod nu. Wer giwt uns nu ’ne Beer?«

So klagten die Kinder. Das war nicht recht –
Ach, sie kannten den alten Ribbeck schlecht;
Der neue freilich, der knausert und spart,
Hält Park und Birnbaum strenge verwahrt.
Aber der alte, vorahnend schon
Und voll Mißtraun gegen den eigenen Sohn,
Der wußte genau, was damals er tat,
Als um eine Birn‘ ins Grab er bat,
Und im dritten Jahr aus dem stillen Haus
Ein Birnbaumsprößling sproßt heraus.

Und die Jahre gingen wohl auf und ab,
Längst wölbt sich ein Birnbaum über dem Grab,
Und in der goldenen Herbsteszeit
Leuchtet’s wieder weit und breit.
Und kommt ein Jung‘ übern Kirchhof her,
So flüstert’s im Baume: »Wiste ’ne Beer?«
Und kommt ein Mädel, so flüstert’s: »Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ick gew‘ di ’ne Birn.«

So spendet Segen noch immer die Hand
Des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.

15.6.

Archibald Douglas ist eine Ballade von Theodor Fontane aus dem Jahr 1854, hier großartig vorgetragen von Ilse Schreiber. Sie schildert die unauslöschliche, zu jedem Opfer bereite Liebe des verbannten Titelhelden zu seiner schottischen Heimat, die schließlich auch seinen König versöhnt.

Die Ballade beginnt mit einem Selbstgespräch Archibalds:

Ich hab‘ es getragen sieben Jahr,
und ich kann es nicht tragen mehr,
wo immer die Welt am schönsten war,
da war sie öd‘ und leer.

Der gealterte Douglas kann seine Verbannung aus Schottland nicht länger ertragen. Trotz der ihm bei Rückkehr drohenden Todesstrafe wagt er sich im Pilgerkleid in die Heimat und trifft seinen König Jakob auf der Jagd. Er beteuert seine Unschuld an dem, „was meine Brüder Dir angethan“, und erinnert den König an dessen Kinderzeit,

Wo ich Dich fischen und jagen froh
Und schwimmen und springen gelehrt.

Der König erschlägt ihn zwar nicht, will ihn aber auch nicht anhören:

Ich seh’ Dich nicht, ich höre Dich nicht,
Das ist Alles, was ich kann,
Ein Douglas vor meinem Angesicht
Wär’ ein verlorener Mann.

Mit diesen Worten treibt der König sein Pferd bergan. Graf Douglas hält Schritt und fleht, ihn lieber zu töten als ihm die Rückkehr zu verweigern. Endlich hält der König inne, springt ab und nimmt den Grafen wieder als Seneschall in seinen Dienst:

Der ist in tiefster Seele treu,
Wer die Heimath liebt, wie Du.

Am 3. Dezember 1854 trug Fontane die Ballade unter dem Titel Der Verbannte beim Stiftungsfest des Tunnels über der Spree in „Arnims Hotel“ (Unter den Linden 44) in Anwesenheit von Theodor Storm unter großem Jubel zum ersten Mal vor. Fontane erinnerte sich daran in Von Zwanzig bis Dreißig wie folgt: „Ich gehörte dem Tunnel unausgesetzt ein Jahrzehnt lang an und war während dieser Zeit, neben Scherenberg, Hesekiel und Heinrich Smidt, das wohl am meisten beisteuernde Mitglied des Vereins. Die große Mehrzahl meiner aus der preußischen, aber mehr noch aus der englisch-schottischen Geschichte genommenen Balladen entstammt jener Zeit, und manche glückliche Stunde knüpft sich daran. Die glücklichste war, als ich …meinen »Archibald Douglas« vortragen durfte. Der Jubel war groß.“

 

14.6.

JOHN MAYNARD von Theodor Fontane

John Maynard!
„Wer ist John Maynard?“
„John Maynard war unser Steuermann,
aushielt er, bis er das Ufer gewann,
er hat uns gerettet, er trägt die Kron‘,
er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn.
John Maynard.“

Die „Schwalbe“ fliegt über den Erie-See,
Gischt schäumt um den Bug wie Flocken von Schnee;
von Detroit fliegt sie nach Buffalo –
die Herzen aber sind frei und froh,
und die Passagiere mit Kindern und Fraun
im Dämmerlicht schon das Ufer schaun,
und plaudernd an John Maynard heran
tritt alles: „Wie weit noch, Steuermann?“
Der schaut nach vorn und schaut in die Rund:
„Noch dreißig Minuten … Halbe Stund.“

Alle Herzen sind froh, alle Herzen sind frei –
da klingt’s aus dem Schiffsraum her wie Schrei,
„Feuer!“ war es, was da klang,
ein Qualm aus Kajüt und Luke drang,
ein Qualm, dann Flammen lichterloh,
und noch zwanzig Minuten bis Buffalo.

Und die Passagiere, bunt gemengt,
am Bugspriet stehn sie zusammengedrängt,
am Bugspriet vorn ist noch Luft und Licht,
am Steuer aber lagert sich´s dicht,
und ein Jammern wird laut: „Wo sind wir? wo?“
Und noch fünfzehn Minuten bis Buffalo. –

Der Zugwind wächst, doch die Qualmwolke steht,
der Kapitän nach dem Steuer späht,
er sieht nicht mehr seinen Steuermann,
aber durchs Sprachrohr fragt er an:
„Noch da, John Maynard?“
„Ja, Herr. Ich bin.“

„Auf den Strand! In die Brandung!“
„Ich halte drauf hin.“
Und das Schiffsvolk jubelt: „Halt aus! Hallo!“
Und noch zehn Minuten bis Buffalo. – –

Noch da, John Maynard?“ Und Antwort schallt’s
mit ersterbender Stimme: „Ja, Herr, ich halt’s!“
Und in die Brandung, was Klippe, was Stein,
jagt er die „Schwalbe“ mitten hinein.
Soll Rettung kommen, so kommt sie nur so.
Rettung: der Strand von Buffalo!

Das Schiff geborsten. Das Feuer verschwelt.
Gerettet alle. Nur einer fehlt!
Alle Glocken gehn; ihre Töne schwell’n
himmelan aus Kirchen und Kapell’n,
ein Klingen und Läuten, sonst schweigt die Stadt,
ein Dienst nur, den sie heute hat:
Zehntausend folgen oder mehr,
und kein Aug‘ im Zuge, das tränenleer.

Sie lassen den Sarg in Blumen hinab,
mit Blumen schließen sie das Grab,
und mit goldner Schrift in den Marmorstein
schreibt die Stadt ihren Dankspruch ein:

Hier ruht John Maynard! In Qualm und Brand
hielt er das Steuer fest in der Hand,
er hat uns gerettet, er trägt die Kron,
er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn.
John Maynard.“

13.6.

Der barmherzige Samariter

So wie an vielen andren Tagen

Jesus bei vielen Menschen stand.

Doch heut‘ hat er sich unverwandt

an seine Jünger nur gewandt,

um ihnen Folgendes zu sagen:

 

»Schaut her, denn selig sind die Augen,

die das sehen, was ihr nur seht!

So mancher Priester und Prophet,

der hier in dieser Runde steht,

wird nicht zu solchem Sehen taugen.

 

Schaut sie euch ruhig an ringsum.

Trotz dass sie sehen, seh’n sie nicht,

sie hören, doch verstehen nicht,

was Gott der Herr zu ihnen spricht

und bleiben so auf ewig dumm!«

 

Da stand ein Schriftgelehrter auf

und sprach: »Herr, wie muss ich verfahren,

um – nach dem Tod in ein paar Jahren –

das ew’ge Leben zu erfahren?«

Und Jesu Antwort war darauf:

 

»Seltsam, dass du die Frage stellst!

Was steht denn im Gesetz geschrieben?«

Der sprach: »Du sollst den Herrgott lieben,

von Herz und Seele angetrieben

und deinen Nächsten wie dich selbst.«

 

»Ja«, sagte Jesus, »das ist richtig;

du gabst dir selbst das rechte Zeichen.

So geh’ dahin – tue desgleichen!

Um ew’ges Leben zu erreichen,

ist dies Gebot besonders wichtig!«

 

Der Schriftgelehrte sah dies ein;

Doch da von Jesus er düpiert,

und so vorm Volke auch blamiert

fragte er Jesus nun pikiert:

»Wer soll denn hier mein Nächster sein?«

 

Für Jesus war die Frage leicht;

und zu der Schriftgelehrten Schmach

antwortete er gleich und sprach:

»Über dies Gleichnis denk’ mal nach,

dann hast die Lösung du erreicht;

 

›Ein Mensch ging von Jerusalem

am Tage unbeschwert und froh

den Weg hinab nach Jericho.

Doch auf der Strecke irgendwo

ward es für ihn unangenehm!

 

Es kamen Räuber ihm entgegen,

die schlugen ihn – es war ein Graus –

und raubten ihn vollständig aus

Die Schurken rissen danach aus.

Halbtot hat er nun dagelegen.

 

Des Weges kam zu diesem Ort

ein Priester, der ihn dort nach Stunden

blutend und stöhnend vorgefunden.

Er sah des armen Menschen Wunden,

blickte zur Seite und ging fort.

 

Danach kam auch noch ein Levit

– ein Landsmann dessen – noch herbei;

vernahm den stummen Hilfeschrei

und ging trotzdem an ihm vorbei,

mitleidlos und mit schnellem Schritt.

 

Zu dem Verwundeten kam später

auch noch ein Samariter hin.

Schockiert bedauerte er ihn

und konnte so nicht weiterzieh’n –

wurde darum zum Sanitäter.

 

Er reinigte nun dessen Wunden,

goss dann noch Wein und Öl hinein,

wickelte sie in Tücher ein

und hob ihn auf sein Tier allein

und schritt daneben her noch Stunden.

 

Bis eine Herberge er fand,

wo er für Geld ihn überdies

dem Wirt zur Pflege überließ.

Er sprach: ›Wenn’s mehr kostet als dies,

kriegst du’s  bei Rückkunft in die Hand.‹ «

 

Dies’ Gleichnis verstand jeder klar,

doch bat er nun den Schriftgelehrten,

diese Geschichte zu bewerten,

welcher der drei, die dort verkehrten,

der Nächste wohl gewesen war.

 

Der Frage war nicht zu entweichen,

drum hatte er hier eingelenkt:

»Der, der Barmherzigkeit geschenkt!«

Jesus sagte: »Klug, wer so denkt!

So gehe hin und tu’ desgleichen!«

 

© Arno Hildebrandt
(Aus meinem Gedichtband
„Geschichten aus dem Neuen Testament“)

 

 

12.6.

Jesu Gleichnis vom verlorenen Schaf

Nacherzählt und weitergedacht von Arno Hildebrandt

Fr, 11.6.

 

 

Vom Sinn der Gleichnisse Jesu

Von Jesu Predigten und Reden,

welche man aus der Bibel kennt,

gibt’s etliche in großer Fülle,

die er versah mit einer Hülle,

welche man üblich Gleichnis nennt

und so verständlich war’n für jeden.

Die Jünger haben ihn gefragt:

»Warum erzählst du oft den Leuten,

die wissbegierig zu dir gehen

Geschichten, die noch nie geschehen?

Manchmal musst du sie selbst noch deuten.«

Und Jesus hat darauf gesagt:

»Euch Jüngern ist es ja geschenkt,

dass ihr mich und mein Wort versteht.

Die Menschen, die so schlicht hier leben,

ist die Erleuchtung nicht gegeben,

wie es schon bei Jesaja steht!

Gut wär’ es, wenn ihr dies bedenkt.

Das ist es, was Jesaja sagt:

Ihr werdet mit den Ohren hören,

mit euren Augen alles sehen,

doch werdet ihr es nicht verstehen

und eher auf das Üble schwören.

Das hat der früher schon beklagt.

Dies fromme Volk ist so verstockt;

und es verursacht bei mir Schmerzen.

Sie hören und sie sehen zwar,

jedoch erkennen sie nicht klar

die Wahrheiten in ihrem Herzen.

Die werden blindlings abgeblockt.

Drum will durch Gleichnisse ich lehren

und zeigen, was dem Herrn gefällt,

damit die Menschen hier auf Erden

für meine Botschaft offen werden;

so kommt Verständnis auf die Welt

um Gott zu lieben und zu ehren.«

© Arno Hildebrandt

Do, 10.6.

Der Pharisäer und der Zöllner

Einst sagte Jesus zu den Leuten,

welche sich an sich selbst erfreuten

– die alle anderen verachten –

dies Gleichnis künftig zu beachten:

»Zwei Menschen haben – um zu beten –

des Tempels hohen Raum betreten.

Ganz vorn ein Pharisäer stand –

ganz hinten man den Zöllner fand.

Und jeder betete ganz leise

zu Gott, dem Herrn, auf seine Weise

und sprach in diesem Gotteshaus

voll Dank seine Gebete aus.

Es sprach der Pharisäer so:

›Herr, ich bin dankbar und sehr froh,

dass ich nicht bin wie andre Leute,

nicht so, wie diese Räubermeute.

Dank dir zähl’ ich nicht zu den schlechten

Ehebrechern und Ungerechten.

Auch von so mancher Wucherei

bin ich durch mein Bestreben frei.

Nichts Ehrloses belastet mich;

zweimal pro Woche faste ich.

Ich geb’ von allem, was ich habe

den Zehnten her als milde Gabe.

Ich bin nicht wie der Zöllner da,

den ich soeben kommen sah.‹

Dann hat er kurz sich umgewandt

zum Zöllner, welcher hinten stand.

Dieser hatte den Kopf geneigt

und seine Demut so gezeigt.

Er hat an seine Brust geschlagen;

den Blick empor wollt’ er nicht wagen.

Zum Pharisäer im Vergleich

sah er sich selbst sehr schuldenreich.

Er sprach: ›Die Sünden mein sind schwer,

schenke mir deine Gnade, Herr!‹ «

Danach hörte man kein Geräusch

bis Jesus sprach: »Ich sage euch,

gerechtfertigt ging dieser heim,

vor jenem, der sich pries allein!«

Denn wer sich selbst erhöht auf Erden,

der wird vor Gott erniedrigt werden;

und wer sich selber niedrig macht,

wird mit Erhöhung dann bedacht!

Dies Gleichnis von den Selbstgerechten

und von den sogenannten Schlechten

versteht man auch noch heute schnell,

denn es ist ewig aktuell!

© Arno Hildebrandt

(Aus meinem Buch „Geschichten aus dem

Neuen Testament“)

14.-20.6. Fontane mit Mi, 9.6.

Peter W. Plock gibt einer der „törichten Jungfrauen“ aus dem Gleichnis Jesu eine Stimme. Franziska Zerle von der Evangelischen Jugend Neu-Ulm rezitiert.

Di, 8.6.

Wie das Krokodil zu seinem Namen kam, vorgetragen von Clara

Mo, 7.6.

Einladung in die Glyptothek am Königsplatz in München mit herausragender Sammlung griechische und römischer Altertümer, begründet von dem damaligen Kronprinz Ludwig, dem späteren König Ludwig I von Bayern. Derzeit darin auch eine Sonderausstellung zu Bertel Thorvaldsen (1770 – 1844), dem dänischen Bildhauer. Sehr empfehlenswert auch das Café im Innenhof.

So, 6.6.

Albert Knapps Abendlied als Gebet gesprochen in der Toskana

Mit Fotos aus der Toskana in der Dämmerung

  1. Abend ist es! Herr, die Stunde
    ist noch wie in Emmaus,
    dass aus Deiner Jünger Munde
    jene Bitte fließen muss:
    Bleib bei uns im Erdental!
    Halt in uns Dein Abendmahl,
    und Dein Friedensgruß erfülle
    Herz um Herz mit heil’ger Stille.Hingesunken ist die Sonne –
    Deine Leuchte sinket nicht!
    Herrlichkeit und ew’ge Wonne
    sind vor Deinem Angesicht;
    Weithin schimmert Stern an Stern;
    aber Du, o Glanz des Herrn,
    überstrahlest alle Sterne
    in der weiten Himmelsferne.3. Selig, wem Du aufgegangen,
    wem Du in der armen Welt,
    wo nur eitle Lichter prangen,
    friedlich seinen Geist erhellt!
    Wenn die Tage nun entfloh’n,
    blickt er auf zu Deinem Thron,
    und auch auf den dunkeln Wegen
    strahlt ihm Gottes Heil entgegen.4. Um das Höchste will ich beten:
    Jesus, gib mir Deinen Geist!
    Ach, was hab‘ ich mehr vonnöten
    als dass Du mein Leben seist?
    Ja, dann wird es lieblich sein,
    wachend, schlafend bin ich Dein. Also mit der Schar der Frommen lass auch mich zur Ruhe kommen!

Albert Knapp

Sa, 5.6.

Ilse Schreiber rezitiert mit fröhlichen Kinderlauten im Hintergrund:

Rainer Maria Rilke (1875-1926)

Das ist mein Streit

Das ist mein Streit:
Sehnsuchtsgeweiht
durch alle Tage schweifen.
Dann, stark und breit,
mit tausend Wurzelstreifen
tief in das Leben greifen –
und durch das Leid
weit aus dem Leben reifen,
weit aus der Zeit!

Fr, 4.6.

„UNHEIMLICH SCHÖN – STRANGE BEAUTY“, eine Ausstellung mit Bildern von Erwin Olaf, ein Niederländer, geboren 1959, in der Hypo-Kunsthalle München. Auch montags geöffnet. Es empfiehlt sich die Online-Buchung

Do, 3.6.

Ab Fronleichnam, 3. Juni, ist das Museum wieder geöffnet. Dr. Helga Gutbrod, Leiterin des Edwin-Scharff-Museums in Neu-Ulm zeigt ein Lieblingsbild, Thuars „Blühende Obstbäume“ in der Ausstellung „Ziemlich beste Freunde: Hans Thuar und August Macke“

Bei einer 7-Tage-Inzidenz unter 50 können Sie das Kunstmuseum ohne Anmeldung besuchen. Bei einem Inzidenzwert zwischen 50 und 100 ist eine Anmeldung verpflichtend.

Bitte buchen Sie – unabhängig vom Inzidenzwert – ein verlässlich für Sie reserviertes Zeitfenster unter esm-buchungen@post.neu-ulm.de. Bitte informieren Sie sich vor Ihrem Besuch über den aktuellen Inzidenzwert. Diesen finden Sie auf der Seite des Landkreises Neu-Ulm: https://landkreis.neu-ulm.de/de/zahl-infizierte/aktueller-stand-gemeldete-erkrankungen-am-coronavirus.htmMi, 2.6.

Einladung ins Edwin-Scharff-Museum Neu-Ulm zur Ausstellung „Ziemlich beste Freunde: Hans Thuar und August Macke“

Ab Fronleichnam, 3. Juni, ist das Museum wieder geöffnet.

Bei einer 7-Tage-Inzidenz unter 50 können Sie das Kunstmuseum ohne Anmeldung besuchen. Bei einem Inzidenzwert zwischen 50 und 100 ist eine Anmeldung verpflichtend.

Bitte buchen Sie – unabhängig vom Inzidenzwert – ein verlässlich für Sie reserviertes Zeitfenster unter esm-buchungen@post.neu-ulm.de. Bitte informieren Sie sich vor Ihrem Besuch über den aktuellen Inzidenzwert. Diesen finden Sie auf der Seite des Landkreises Neu-Ulm: https://landkreis.neu-ulm.de/de/zahl-infizierte/aktueller-stand-gemeldete-erkrankungen-am-coronavirus.htm

 

Di, 1.6. Nymphenburg

An Kloe

Willst, Kloe, die Ruhe du finden,
Verlasse die steinerne Stadt,
Begraben in hässliche Sünden,
Dort kennet das Wort nicht die Tat;
Hier weilet in ländlicher Stille
Des Schöpfers ursprünglicher Wille:

Hier finden die Herzen zum Herzen,
Verstellung entfernet hier sich;
Hier heilen des Duldenden Schmerzen
Hier findet der Edle sein Ich;
Die liebe Natur hat gegeben,
Was selten die Menschen erstreben:

Den Frieden der liebenden Seele,
Vertrauen der sorgvollen Brust,
Die Hoffnung der klagenden Kehle,
Dem Frohen berauschende Lust…

Von Amsel und Drossel belebet
Empfängt dich zur Liebe der Hain;
Die Seelenbeglückerin hebet
Den Busen mit wonniger Pein…

Hier, Kloe, in ländlicher Stille
Umarme die Liebe dich nur;
Hier stärke mit himmlischer Fülle
Dich zärtlich die Mutter Natur;
Sie halte mit frommem Erbarmen
Dich, Duldende, schützend in Armen.

Josef Sutner

Josef S., Dichter, geboren am 18. März 1784 in Zellbach bei Wolfratshausen, Sohn eines Klosterschmiedes und Schlossers; wurde, weil eines Fußübels wegen nicht zum väterlichen Handwerk tauglich, im Klosterseminar seiner Heimath und dann auf dem Gymnasium und Lyceum zu München gebildet. Da ihm die Mittel fehlten die Universität zu besuchen und ein Fachstudium zu absolviren, trat S. als Schreiber zu administrativen Aemtern und 1809 in provisorischer Eigenschaft in den Staatsdienst, verweilte in der Cameralpraxis im damaligen Regen-, Salzach- und Isarkreise, bis ihn endlich 1830 unter dem Finanzministerium des Grafen v. Armansperg eine definitive Anstellung erreichte, starb am 18. November 1835 zu München.

Bezug genommen wird bei Kloe auf die Geschichte von den Findelkindern Daphnis und Chloe, die ihre Kindheit bei Hirten auf Lesbos erleben, voneinander getrennt werden, wieder zueinander finden, sich lieben und schließlich ihre Eltern wiederfinden und heiraten.

Mo, 31.5.

Mit einigen Strophen aus Echnatons Sonnengesang führe ich euch ins Münchner Museum für Ägyptische Kunst

So. nach Pfingsten, 30.5.

Einladung ins Lenbachhaus München

Bevor ihr euch auf den Weg nach München macht, um die Stadt und die Museen zu genießen, bitte die aktuellen Bedingungen erkunden. Heute und in den nächsten Tagen lade ich euch in die dortigen Museen ein, heute das Lenbachhaus.

Sa, 29.5.

Ilse Schreiber trägt vor, wie wenn sie dabei gewesen wäre bei dieser wahren Begebenheit

Friedrich Schiller: Der Handschuh

Vor seinem Löwengarten,
Das Kampfspiel zu erwarten,
Saß König Franz,
Und um ihn die Großen der Krone,
Und rings auf hohem Balkone
Die Damen in schönem Kranz.

Und wie er winkt mit dem Finger,
Aufthut sich der weite Zwinger,
Und hinein mit bedächtigem Schritt
Ein Löwe tritt,
Und sieht sich stumm
Rings um,
Mit langem Gähnen,
Und schüttelt die Mähnen,
Und streckt die Glieder,
Und legt sich nieder.

Und der König winkt wieder,
Da öffnet sich behend,
Ein zweites Thor,
Daraus rennt
Mit wildem Sprunge
Ein Tiger hervor,
Wie der den Löwen erschaut,
Brüllt er laut,
Schlägt mit dem Schweif
Einen furchtbaren Reif,
Und recket die Zunge,
Und im Kreise scheu
Umgeht er den Leu
Grimmig schnurrend,
Drauf streckt er sich murrend
Zur Seite nieder.

Und der König winkt wieder,
Da speit das doppelt geöffnete Haus
Zwei Leoparden auf einmal aus,
Die stürzen mit muthiger Kampfbegier
Auf das Tigerthier,
Das packt sie mit seinen grimmigen Tatzen,
Und der Leu mit Gebrüll
Richtet sich auf, da wird’s still,
Und herum im Kreis,
Von Mordsucht heiß,
Lagern die greulichen Katzen.

Da fällt von des Altans Rand
Ein Handschuh von schöner Hand
Zwischen den Tiger und den Leu’n
Mitten hinein.
Und zu Ritter Delorges spottender Weis’
Wendet sich Fräulein Kunigund:
„Herr Ritter, ist eure Lieb’ so heiß,
Wie Ihr mir’s schwört zu jeder Stund,
Ei, so hebt mir den Handschuh auf.“

Und der Ritter in schnellem Lauf
Steigt hinab in den furchtbar’n Zwinger
Mit festem Schritte,
Und aus der Ungeheuer Mitte
Nimmt er den Handschuh mit keckem Finger.

Und mit Erstaunen und mit Grauen
Sehens die Ritter und Edelfrauen,
Und gelassen bringt er den Handschuh zurück,
Da schallt ihm sein Lob aus jedem Munde,
Aber mit zärtlichem Liebesblick –
Er verheißt ihm sein nahes Glück –
Empfängt ihn Fräulein Kunigunde.
Und er wirft ihr den Handschuh ins Gesicht:
„Den Dank, Dame, begehr ich nicht,“
Und verlässt sie zur selben Stunde.

Fr, 28.5.

Ein dicker Sack – den Bauer Bolte,
Der ihn zur Mühle tragen wollte,
Um auszuruhn, mal hingestellt
Dicht an ein reifes Ährenfeld –
Legt sich in würdevolle Falten
Und fängt ’ne Rede an zu halten.

»Ich«, sprach er, »bin der volle Sack.
Ihr Ähren seid nur dünnes Pack.
Ich bin’s, der euch auf dieser Welt
In Einigkeit zusammenhält.
Ich bin’s, der hoch vonnöten ist,
Dass euch das Federvieh nicht frisst;
Ich, dessen hohe Fassungskraft
Euch schließlich in die Mühle schafft.
Verneigt euch tief, denn ich bin der!
Was wäret ihr, wenn ich nicht wär‘?«

Sanft rauschen die Ähren:
»Du wärst ein leerer Schlauch,
Wenn wir nicht wären.«

Do, 27.5.

Während Pudel Katta ihr Spielzeug „Corona“ zerlegt (möge dies ein gutes Zeichen sein),Clara und Greta mit dem Gedicht „Lauter Paradoxien“:

Dunkel war’s, der Mond schien helle,
schneebedeckt die grüne Flur.
Als ein Wagen blitzeschnelle
langsam um die runde Ecke fuhr.

Drinnen saßen stehend Leute,
schweigend ins Gespräch vertieft,
als ein totgeschossener Hase
auf der Sandbank Schlittschuh lief.

Und auf einer roten Bank,
die blau angestrichen war,
saß ein blondgelockter Knabe
mit kohlrabenschwarzem Haar.

Neben ihm ’ne alte Schrulle,
zählte kaum erst sechzehn Jahr,
in der Hand ’ne Butterstulle,
die mit Schmalz bestrichen war.

Droben auf dem Apfelbaume,
der sehr süße Birnen trug,
hing des Frühlings letzte Pflaume,
und an Nüssen noch genug.

Von der regennassen Straße
wirbelte der Staub empor.
Und ein Junge bei der Hitze
mächtig an den Ohren fror.

Beide Hände in den Taschen
hielt er sich die Augen zu.
Denn er konnte nicht ertragen,
wie nach Veilchen roch die Kuh.

Holder Engel, süßer Bengel,
furchtbar liebes Trampeltier.
Du hast Augen wie Sardellen,
alle Ochsen gleichen Dir.

Mi, 26.5.

Ein Jüngling liebt ein Mädchen,
Die hat einen andern erwählt;
Der andre liebt eine andre,
Und hat sich mit dieser vermählt.

Das Mädchen heiratet aus Ärger
Den ersten besten Mann,
Der ihr in den Weg gelaufen;
Der Jüngling ist übel dran.

Es ist eine alte Geschichte,
Doch bleibt sie immer neu;
Und wem sie just passieret,
Dem bricht das Herz entzwei.

Di, 25.5.

Ich steh auf des Berges Spitze,
Und werde sentimental.
»Wenn ich ein Vöglein wäre!«
Seufz ich viel tausendmal.

Wenn ich eine Schwalbe wäre,
So flög ich zu dir, mein Kind,
Und baute mir mein Nestchen,
Wo deine Fenster sind.

Wenn ich eine Nachtigall wäre,
So flög ich zu dir, mein Kind,
Und sänge dir Nachts meine Lieder
Herab von der grünen Lind.

Wenn ich ein Gimpel wäre,
So flög ich gleich an dein Herz;
Du bist ja hold den Gimpeln,
Und heilest Gimpelschmerz.

Pfingstsonntag und -Montag, 23. und 24.5.

Aus dem Fernsehgottesdienst vom Sonntag 9. Mai:  Der Bamberger Erzbischof Schick leitet drei eindrückliche Fürbitten aus osteuropäischen Ländern ein. Es geht auch um nachhaltige Lebensführung. Die Pfingstbitte um den Heiligen Geist wird verbunden mit der Zuversicht, dass Gott hilft, das Angesicht der Erde zu erneuern (renovabis faciem terrae).

Sa, 22.5.

Ilse Schreiber rezitiert

Goethes Mailied für Friederike Brion

Wie herrlich leuchtet
Mir die Natur!
Wie glänzt die Sonne!
Wie lacht die Flur!

Es dringen Blüten
Aus jedem Zweig
Und tausend Stimmen
Aus dem Gesträuch.

Und Freud‘ und Wonne
Aus jeder Brust.
O Erd‘, o Sonne!
O Glück, o Lust!

O Lieb‘, o Liebe!
So golden schön,
Wie Morgenwolken
Auf jenen Höh’n!

Du segnest herrlich
Das frische Feld,
Im Blütendampfe
Die volle Welt.

O Mädchen, Mädchen,
Wie lieb‘ ich dich!
Wie blickt dein Auge!
Wie liebst du mich!

So liebt die Lerche
Gesang und Luft,
Und Morgenblumen
Den Himmelsduft,

Wie ich dich liebe
Mit warmem Blut,
Die du mir Jugend
Und Freud‘ und Mut

Zu neuen Liedern
Und Tänzen gibst.
Sei ewig glücklich,
Wie du mich liebst!

Fr, 21.5.

Leise zieht durch mein Gemüt

Liebliches Geläute.

Klinge, kleines Frühlingslied.

Kling hinaus ins Weite.

Kling hinaus, bis an das Haus,

Wo die Blumen sprießen.

Wenn du eine Rose schaust,

Sag, ich lass sie grüßen.

Do, 20.5.

Heinrich Heine

In mein gar zu dunkles Leben
Strahlte einst ein süßes Bild;
Nun das süße Bild erblichen,
Bin ich gänzlich nachtumhüllt.

Wenn die Kinder sind im Dunkeln,
Wird beklommen ihr Gemüt,
Und um ihre Angst zu bannen,
Singen sie ein lautes Lied.

Ich, ein tolles Kind, ich singe
Jetzo in der Dunkelheit;
Klingt das Lied auch nicht ergötzlich,
Hats mich doch von Angst befreit.

Mi, 19.5.

Mit Bildern aus dem Botanischen Garten in München:

Blumen und Sterne von Karl Gerok

Sterne sind Blumen am Himmelsazur,
Blumen sind Sterne der irdischen Flur,
Sterne am Himmel und Blumen im Land,
Beide gesät von allmächtiger Hand.

Oft von der Blumen verwelkendem Flor
Blickt ich zu himmlischen Sternen empor,
Aber es kehrte der irdische Blick
Gern auch von Sternen zu Blumen zurück.

Drum so verehret die himmlische Macht,
Welche so Blumen, wie Sterne gemacht,
Drum so verdenket dem Sänger es nicht,
Wenn er die Blumen mit Sternen durchflicht.

Scheinen die Blumen euch dürftig und bleich:
Tausende blühen ringsum noch im Reich;
Jeglicher Frühling streut schönere aus,
Wählet und bindet euch selber den Strauß!

Di, 18.5.

Rhododendron

Vom Gebirg herab in Stufen
wächst ein Park mit Busch und Bäumen,
Vögel fröhlich in ihm rufen,
Rhododendren in ihm träumen.

Sonne Licht und Schatten spendet,
riesig ragen Eich und Buche,
wo es sich zur Lichtung wendet,
schimmern lila rote Tuche.

Näher tretend aus der Feuchte
schau aus wuchernd breiten Zweigen
mit dem magischen Geleuchte
Blüt um Blüte um dich steigen.

Kelche öffnen ihre Lippen
mit Aromen, veilchensüßen,
aus des strengen Blattwerks Rippen
frohen Sommer zu begrüßen.

Und wie purpurrote Flammen
dringt es ein in die Pupille,
schlägt es überm Strauch zusammen:
Welches Leben in der Stille!

Alfred Biehler (* 11. Februar 1863 in Heidelberg; Schauspieler und Dichter; sein Lebensweg nach 1902 ist unbekannt)

Mo, 17.5.

Heinrich Heine

Im wunderschönen Monat Mai,
Als alle Knospen sprangen,
Da ist in meinem Herzen
Die Liebe aufgegangen.

Im wunderschönen Monat Mai,
Als alle Vögel sangen,
Da hab ich ihr gestanden
Mein Sehnen und Verlangen.

So, 16.5.

Ein Gruß nach Frankfurt zum Ökumenischen Kirchentag

1.Ewig steht fest der Kirche Haus,
Türme der Erde zerfallen.
Über das Trümmerfeld nach Haus
rufen die Glocken uns allen,
laden zum Kreuze jung und alt,
rufen Mühselige mit Gewalt
heimwärts zur ewigen Stille.

  1. Irdische Tempel braucht Gott nicht,
    Dome, die Meister erbauen,
    Schatten sind sie vor seinem Licht,
    welches kein Auge kann schauen.
    Aber er selbst baut sich ein Haus,
    wählt sich zur Wohnung Seelen aus,
    die seinem Rufe gehorchen.
  2. Wir sind das Haus der Herrlichkeit,
    Kirche aus lebenden Steinen,
    wo unterm Kreuz uns allezeit
    Taufe und Glauben vereinen.
    Wo auch nur zwei zusammen flehn,
    warten auf sein Vorübergehn,
    kommt Jesus in ihre Mitte…
  3. Lass unsern Herzen nirgends Ruh,
    wo auch die Glocken erklingen,
    dass wir mit deinem Volk herzu
    kommen zum Beten und Singen.
    Wenn dich die Welt nicht kennt noch sieht,
    an deinem Volk dein Werk geschieht,
    Gnade und Friede grüßt alle.
Nikolai Frederik Severin Grundtvig (1783 – 1872) deutsch v. Otto Riethmüller

Sa, 15.5.

Vorgetragen von Ilse Schreiber

Die Selbstkritik hat viel für sich.
Gesetzt den Fall, ich tadle mich;
So hab‘ ich erstens den Gewinn,
Dass ich so hübsch bescheiden bin;
Zum zweiten denken sich die Leut,
Der Mann ist lauter Redlichkeit;
Auch schnapp‘ ich drittens diesen Bissen
Vorweg den andern Kritiküssen;
Und viertens hoff‘ ich außerdem
Auf Widerspruch, der mir genehm.
So kommt es denn zuletzt heraus,
Dass ich ein ganz famoses Haus.

Fr, 14.5.

Ilse Schneider ist vor Kurzem 90 Jahre alt geworden. In ihrer Wohnung bewunderte ich die von ihr geschaffenen schönsten Töpfer- und Malarbeiten. Damit hat sie aufgehört, aber sie singt und wird dabei fröhlich.

Lalelu, nur der Mann im Mond schaut zu
Wenn die kleinen Babys schlafen
Drum schlaf auch du

Lalelu, vor dem Bettchen steh’n zwei Schuh‘
Und die sind genauso müde
Geh jetzt zur Ruh‘

Dann kommt auch der Sandmann
Leis‘ tritt er ins Haus
Sucht aus seinen Träumen
Dir den schönsten aus

Lalelu, vor dem Bettchen steh’n zwei Schuh‘
Und die sind genauso müde
Geh jetzt zur Ruh‘

Lalelu, nur der Mann im Mond schaut zu
Wenn die kleinen Babys schlafen
Drum schlaf auch du.

Ilse ist auch Künstlerin. Die gezeigten Werke hat sie geschaffen

Do, 13.5. Christi Himmelfahrt

Einige Bitten im GEBET FÜR EUROPA aus dem Jahre 2005 vom Mailänder Cardinal MARTINI (1927-2012) habe ich als Dank und Vertrauen formuliert und ergänzt mit dem Flehen um „Sonne und Regen zur rechten Zeit“.

Mit Flugbildern von Flügen nach ROM

Vater der Menschheit, Herr der Geschichte, du siehst auf unseren Kontinent,

dem du die Philosophen, die Gesetzgeber, die Weisen und die Wissenschaftler gesandt hast, Erforscher deiner herrlichen Schöpfung und Verkünder des Glaubens an deinen Sohn, der gestorben und auferstanden ist und zu deiner Rechten sitzt.

Sieh auf uns und die Nachbar-Völker, denen das Evangelium verkündet wurde durch Petrus und durch Paulus, durch Frauen und Männer.

Du kennst die Regionen, die getränkt sind mit dem Blut von Märtyrern, die für ihren Glauben, für die Freiheit und für ihre Mitmenschen gestorben sind.

Die Kirchen wurden und werden berührt und erschüttert durch die Stimme der Reformatoren bis heute. Du hilfst zu unterscheiden , was den Kirchen und den Seelen hilft.

Sieh auf Europas Völker, durch vielerlei Bande miteinander verbunden, aber auch getrennt durch den Hass und den Krieg.

Gib uns, dass wir uns einsetzen für ein Europa des Geistes, das nicht nur auf wirtschaftlichen Verträgen gegründet ist, sondern auf menschlichen und ewigen Werten:

Ein Europa, fähig zur Versöhnung, zwischen Völkern und Kirchen, bereit, Fremde aufzunehmen. Du kannst den Heimatlosen zur Rückkehr helfen nach den fürchterlichen Kriegen, die die Menschen zum Fliehen zwingen.

Du stärkst uns, dass wir voll Vertrauen unsere Aufgaben annehmen, das Bündnis zwischen den Völkern zu fördern, durch das allen Kontinenten zuteil werden soll die Gerechtigkeit und das Brot, die Freiheit und der Frieden.

Was wir für Europa erbitten, gibst du in deiner Menschenliebe allen deinen Kindern in allen Erdteilen.

Und wir flehen um Sonnenschein und Regen zur rechten Zeit an allen Orten. Du lässt uns nicht verbrennen und nicht verdursten.

AMEN

Mi, 12.5.

DANK

Mein Gott, Dir sag ich Dank,
Dass Du die Jugend mir bis über alle Wipfel
In Morgenrot getaucht und Klang,
Und auf des Lebens Gipfel,
Bevor der Tag geendet,
Vom Herzen unbewacht
Den falschen Glanz gewendet,
Dass ich nicht taumle ruhmgeblendet,
Da nun herein die Nacht
Dunkelt in ernster Pracht.

Joseph Freiherr von Eichendorff, 1839

Di, 11.5.

Die zwei Gesellen

Es zogen zwei rüst’ge Gesellen
Zum erstenmal von Haus,
So jubelnd recht in die hellen,
Klingenden, singenden Wellen
Des vollen Frühlings hinaus.

Die strebten nach hohen Dingen,
Die wollten, trotz Lust und Schmerz,
Was Rechts in der Welt vollbringen,
Und wem sie vorübergingen,
Dem lachten Sinnen und Herz. –

Der erste, der fand ein Liebchen,
Die Schwieger kauft’ Hof und Haus;
Der wiegte gar bald ein Bübchen,
Und sah aus heimlichem Stübchen
Behaglich ins Feld hinaus.

Dem zweiten sangen und logen
Die tausend Stimmen im Grund,
Verlockend’ Sirenen, und zogen
Ihn in der buhlenden Wogen
Farbig klingenden Schlund.

Und wie er auftaucht’ vom Schlunde,
Da war er müde und alt,
Sein Schifflein das lag im Grunde,
So still war’s rings in die Runde,
Und über die Wasser weht’s kalt.

Es singen und klingen die Wellen
Des Frühlings wohl über mir;
Und seh ich so kecke Gesellen,
Die Tränen im Auge mir schwellen –
Ach Gott, führ uns liebreich zu dir!

Mo, 10. 5.

Joseph von Eichendorff

Das Schiff der Kirche (aus dem deutschen Revolutionsjahr 1848)

Die alten Türme sah man längst schon wanken,

Was unsre Väter fromm gebaut, errungen,

Thron, Burg, Altar, es hat sie all verschlungen

Ein wilder Strom entfesselter Gedanken.

 

Der wühlt sich breit und breiter ohne Schranken,

Ein Meer, wo zornigbäumend aufgeschwungen

Die trüben Fluten Fels um Fels bezwungen,

Und alle Rettungsufer rings versanken.

 

Doch drüberhin gewölbt ein Friedensbogen,

Wohin nicht reichen die empörten Wogen,

Und unter ihm ein Schiff dahingezogen,

 

Das achtet nicht der Wasser wüstes Branden,

Das macht der Stürme Wirbeltanz zuschanden –

O Herr, da lass uns alle selig landen!

So. 9.5.

Muttertag

Sa, 8.5.

Wilhelm Busch

Gemartert

Vorgetragen von Ilse Schreiber

Ein gutes Tier
Ist das Klavier,
Still, friedlich und bescheiden,
Und muß dabei
Doch vielerlei
Erdulden und erleiden.

Der Virtuos
Stürzt darauf los
Mit hochgesträubter Mähne.
Er öffnet ihm
Voll Ungestüm
Den Leib, gleich der Hyäne.

Und rasend wild,
Das Herz erfüllt
Von mörderlicher Freude,
Durchwühlt er dann,
Soweit er kann,
Des Opfers Eingeweide.

Wie es da schrie,
Das arme Vieh,
Und unter Angstgewimmer
Bald hoch, bald tief
Um Hilfe rief
Vergess‘ ich nie und nimmer

Fr, 7.5.

Joseph von Eichendorff (1788-1857)

Die Nachtblume

Nacht ist wie ein stilles Meer,
Lust und Leid und Liebesklagen
Kommen so verworren her
In dem linden Wellenschlagen.

Wünsche wie die Wolken sind,
Schiffen durch die stillen Räume,
Wer erkennt im lauen Wind,
Ob’s Gedanken oder Träume? –

Schließ ich nun auch Herz und Mund,
Die so gern den Sternen klagen:
Leise doch im Herzensgrund
Bleibt das linde Wellenschlagen.

Do, 6.5.

Joseph Freiherr von Eichendorff

Dein Bildnis wunderselig hab ich im Herzensgrund,
Das sieht so frisch und fröhlich mich an zu jeder Stund.Mein Herz still in sich singet ein altes schönes Lied,
Das in die Luft sich schwinget und zu dir eilig zieht.Dazu eine Strophe des Mailieds:Alles neu macht der Mai  macht die Seele frisch und frei,
kommt heraus, lasst das Haus,
windet einen Strauß!
Rings erglänzte Sonnenschein,
duftend prangen Flur und Hain,
Vogelsang, Hörnerklang
tönt den Wald entlang.Hermann Adam von Kamp

Mi, 5.5.

Joseph von Eichendorff

Es wandelt, was wir schauen,

Tag sinkt ins Abendrot,

Die Lust hat eignes Grauen,

Und alles hat den Tod.

 

Ins Leben schleicht das Leiden

Sich heimlich wie ein Dieb,

Wir alle müssen scheiden

Von allem, was uns lieb.

 

Was gäb es doch auf Erden,

Wer hielt‘ den Jammer aus,

Wer möcht geboren werden,

Hieltst du nicht droben Haus!

 

Du bist’s, der, was wir bauen,

Mild über uns zerbricht,

Dass wir den Himmel schauen –

Darum so klag ich nicht.

Di, 4.5.

Michael Schirmer, geboren 1606 in Leipzig, starb als Konrektor des Gymnasiums zum Grauen Kloster in Berlin und als „gekrönter Dichter“ am 4. Mai 1673. So ehre ich ihn heute mit zwei Strophen des Pfingstliedes. „Führ uns auf rechtem Pfad“ und „Gib uns Beständigkeit“ sind meine Bitten und mein Flehen.  Groß ist die Sehnsucht, wieder mit der großen Gemeinde singen zu dürfen. Euer Ernst

1) O Heilger Geist, kehr bei uns ein / und lass uns deine Wohnung sein,
o komm du Herzens Sonne. Du Himmelslicht, lass deinen Schein
bei uns und in uns kräftig sein / zu steter Freud und Wonne.
Sonne, Wonne, / himmlisch Leben willst du geben, wenn wir beten
zu dir kommen wir getreten.

3) Steh uns stets bei mit deinem Rat / und führ uns selbst auf rechtem Pfad,
die wir den Weg nicht wissen. / Gib uns Beständigkeit,
dass wir getreu dir bleiben / für und für, auch wenn wir
leiden müssen. Schaue, baue, / was zerrissen und beflissen,
dich zu schauen und auf deinen Trost zu bauen.

Mo, 3.5.

Luisa Neubauer von „Fridays for future“  freut sich über das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, dass das Klimaschutzgesetz unzureichend ist: „Und weil es so schnell übersehen wird: Die #Klimaklage ist ein kollektives Projekt, möglich gemacht durch unglaubliche Jurist:innen, durch verschiedene NGOs, Aktivist:innen & nicht zuletzt durch Klimabewegte im ganzen Land, die die Gesellschaft in Bewegung gebracht haben. Yeah.“ Sie spricht so schnell, dass man vielleicht nicht jedes Wort versteht, sich aber nur mitfreuen kann. Euer Ernst

(von mir gekürztes Video von 6 auf 3 min.)

2.5.

Wochenlied zum 4. Sonntag nach Ostern „Kantate – Singet“:

1) Lob Gott getrost mit Singen, frohlock, du christlich Schar!
Dir soll es nicht misslingen, Gott hilft dir immerdar.
Ob du gleich hier musst tragen viel Widerwärtigkeit,
noch sollst du nicht verzagen; er hilft aus allem Leid.

2) Dich hat er sich erkoren, durch sein Wort auferbaut,
mit seinem Eid geschworen, weil du ihm bist vertraut,
dass er sich lässet finden in aller Angst und Not;
er wird auch überwinden, die dich noch schmähn mit Spott.

4) Darum lass dich nicht schrecken, o du christgläubge Schar!
Gott wird dir Hilf erwecken und dein selbst nehmen wahr.
Hat er dich doch gezeichnet, gegraben in sein Händ:
dein Nam stets vor ihm leuchtet, dass er dir Hilfe send.

1.5.

Ilse Schreiber rezitiert

Josef Viktor von Scheffel

Der Ichthyosaurus

Es rauscht in den Schachtelhalmen,
verdächtig leuchtet das Meer,
da schwimmt mit Tränen im Auge
ein Ichthyosaurus daher.

Ihn jammert der Zeiten Verderbnis,
denn ein sehr bedenklicher Ton
war neuerlich eingerissen
in der Liasformation.

»Der Plesiosaurus, der alte,
er jubelt in Saus und Braus,
der Pterodaktylus selber
flog neulich betrunken nach Haus.

Der Iguanodon, der Lümmel,
wird frecher zu jeglicher Frist,
schon hat er am hellen Tage
die Ichthyosaura geküßt.

Mir ahnt eine Weltkatastrophe,
so kann es länger nicht gehn;
was soll aus dem Lias noch werden,
wenn solche Dinge geschehn?«

So klagte der Ichthyosaurus,
da ward es ihm kreidig zu Mut,
sein letzter Seufzer verhallte
im Qualmen und Zischen der Flut.

Es starb zu derselbigen Stunde
die ganze Saurierei,
sie kamen zu tief in die Kreide,
da war es natürlich vorbei.

Und der uns hat gesungen
dies petrefaktische Lied,
der fand’s als fossiles Albumblatt
auf einem Koprolith.

Fr. 30.4.

Die Blume auf dem Felsen

von Max Kalbeck

* 4. Jan. 1850Breslau; † 4. Mai 1921Wien

Es blüht eine blaue Blume
Auf steiler Felsenwand,
Sie hebt den schlanken Stengel
Aus Moos und dürrem Sand.

Leichtgaukelnd um die Blume
Ein bunter Falter schwebt,
Goldschillernde Farben spielen,
Wenn er die Flügel hebt.

Die Blume neigt das Köpfchen
Verschämt zu stillem Gruß,
Er aber raubt verwegen
Dem Kelche Kuss auf Kuss.

Du arme Blume! Schon morgen
Stirbst du im Sonnenstrahl!
Dein Falter aber umflattert
Lachende Rosen im Thal!

29.4.

Mit fünf Zitaten aus ihren Schriften ehre ich heute Katharina von Siena (* 25. März 1347 in Siena; † 29. April 1380 in Rom) an ihrem Gedenktag

Ohne Liebe kann die Seele nicht leben. Sie muss etwas lieben, sie ist aus Liebe geschaffen.

Die Liebe weint mit den Weinenden, freut sich mit den Frohen, ist glücklicher über des anderen Wohl als über das eigene.

Alles, was uns in diesem Leben gegeben ist, ist nur zum Gebrauch und als Leihgabe übergeben.

Warte nicht auf eine spätere, gelegenere Zeit, denn du bist nicht sicher, dass du sie haben wirst. Die Zeit entschwindet dir unvermerkt. Mancher hat sich noch Hoffnung auf ein längeres Leben gemacht, da kam der Tod. Darum versäumt, wer klug ist, keine Zeit und gibt die gegenwärtige Stunde, die ihm gehört, nicht unbenützt weg für eine andere, die doch nicht sein eigen ist.

Die Stunde ist kostbar. Warte nicht auf eine spätere Gelegenheit.

28.4.

Ein Besuch in der Stadt und im früheren Kloster Ochsenhausen.

27.4.

„Christ ist erstanden“-Improvisation auf der Gabler-Orgel von Ochsenhausen mit Kantor Thomas Fischer und Bilder aus dieser wunderbaren barocken Basilika

Morgen noch eine Erinnerung an den Besuch in Ochsenhausen

26.4.

Umweltsünden

Die Folgen unsrer Umweltsünden

wir täglich mehr und mehr empfinden,

worunter wir letztendlich leiden.

Doch vieles wäre zu vermeiden!

 

Würfe nicht mancher seinen Dreck

der nicht gebraucht wird, einfach weg

im Stadtgebiet, in der Natur,

gingen wir auf der richt’gen Spur.

 

Wenn ich durch unsre Straßen gehe

und dort den ganzen Abfall sehe,

Becher „to go“, Tüten und Kippen,

könnt‘ ich mir an den Kopf nur tippen.

 

So ist es auch in Wald und Flur!

In dieser herrlichen Natur,

wo die Erholung tut so gut,

liegt Abfall! – Da verspür ich Wut!

 

Deswegen richte ich hier schnell

an alle Menschen den Appell

die Umwelt so nicht zu verschmutzen!

Denkt dran: Es ist zu aller Nutzen!

© Arno Hildebrandt

25.4.

Psalm 57   Unter dem Schatten seiner Flügel

1 Ein güldenes Kleinod Davids, vorzusingen, nach der Weise »Vertilge nicht«, als er vor Saul in die Höhle floh. 2 Sei mir gnädig, Gott, sei mir gnädig! Denn auf dich traut meine Seele, und unter dem Schatten deiner Flügel habe ich Zuflucht, bis das Unglück vorübergehe. 3 Ich rufe zu Gott, dem Allerhöchsten, zu Gott, der meine Sache zum guten Ende führt.

8 Mein Herz ist bereit, Gott, mein Herz ist bereit, dass ich singe und lobe. 9 Wach auf, meine Ehre, wach auf, Psalter und Harfe, ich will das Morgenrot wecken! 10 Herr, ich will dir danken unter den Völkern, ich will dir lobsingen unter den Leuten. 11 Denn deine Güte reicht, so weit der Himmel ist, und deine Wahrheit, so weit die Wolken gehen. 12 Erhebe dich, Gott, über den Himmel und deine Ehre über alle Welt!

Ja, dazu will ich beitragen mit dem mich belebenden Streben: Alles zur größeren Ehre Gottes. Euer Ernst

24.4.

Ilse Schreiber trägt vor

Ernst, Otto (1862-1926)

Nis Randers

Krachen und Heulen und berstende Nacht,
Dunkel und Flammen in rasender Jagd –
Ein Schrei durch die Brandung!

Und brennt der Himmel, so sieht mans gut.
Ein Wrack auf der Sandbank! Noch wiegt es die Flut;
Gleich holt sichs der Abgrund.

Nis Randers lugt – und ohne Hast
Spricht er: „Da hängt noch ein Mann im Mast;
Wir müssen ihn holen.“

Da fasst ihn die Mutter: „Du steigst mir nicht ein:
Dich will ich behalten, du bliebst mir allein,
Ich wills, deine Mutter!

Dein Vater ging unter und Momme, mein Sohn;
Drei Jahre verschollen ist Uwe schon,
Mein Uwe, mein Uwe!“

Nis tritt auf die Brücke. Die Mutter ihm nach!
Er weist nach dem Wrack und spricht gemach:
„Und seine Mutter?“

Nun springt er ins Boot und mit ihm noch sechs:
Hohes, hartes Friesengewächs;
Schon sausen die Ruder.

Boot oben, Boot unten, ein Höllentanz!
Nun muss es zerschmettern ! Nein, es blieb ganz …!
Wie lange? Wie lange?

Mit feurigen Geißeln peitscht das Meer
Die menschenfressenden Rosse daher;
Sie schnauben und schäumen.

Wie hechelnde Hast sie zusammenzwingt!
Eins auf den Nacken des andern springt
Mit stampfenden Hufen!

Drei Wetter zusammen! Nun brennt die Welt!
Was da? – Ein Boot, das landwärts hält –
Sie sind es! Sie kommen! – –

Und Auge und Ohr ins Dunkel gespannt…
Still – ruft da nicht einer? – Er schreits durch die Hand: „Sagt Mutter, ’s ist Uwe!“

 

23.4.

Arno Hildebrandt

Der schlaue Esel

 Gelesen von Markus Hildebrandt Rambe

An einem Tag – so Ende Mai –

hörte der Bauer ein Geschrei,

das er von seinem Esel kannte,

weshalb er eilends los gleich rannte,

denn so, wie jetzt sein Esel schrie,

hörte er ihn zuvor noch nie!

Weil sein Tier in den Brunnen fiel,

fand er durchs Hören nur sein Ziel.

Im Brunnen war kein Wasser mehr,

doch schwer erreichbar tief war er.

Der Bauer überlegte nun,

was er zur Rettung könne tun.

Dabei wurde dem Bauern klar,

dass dieser Esel alt schon war.

Rausholen wäre nicht verkehrt!

Doch ist das noch der Mühe wert?

Letztendlich kam er zu dem Schluss,

dass man sein Leid verkürzen muss,

Wie er dies tun wollte war aber

auch für den Bauern recht makaber.

Zum Zuschaufeln war er bereit!

Doch dazu brauchte auch Zeit.

So musst’ er seine Nachbarn bitten,

den Brunnen mit ihm zuzuschütten.

Und seine Nachbarn packten dann

hilfreich und fleißig auch mit an.

Der Schmutz, der dann auf ihn gekracht,

hatte den Esel wach gemacht,

worauf er mit Instinkt-Verstand

jetzt seinen Weg zur Lösung fand.

Je mehr vom Schmutze kam von droben,

kam festtrampelnd er mehr nach oben.

Als sie vom Schaufeln abgelassen,

konnten die Helfer es kaum fassen,

dass dieser Esel, gar nicht bang

recht fröhlich aus dem Brunnen sprang.

Was will uns die Geschichte sagen?

Das Leben wird an vielen Tagen

auch Schmutz und Hindernisse bringen.

Doch kann es oftmals auch gelingen,

Unangenehmes abzuschütteln

und froh sich wieder aufzurütteln.

Jeder hat ja mal unbedacht

einen ganz falschen Schritt gemacht.

Lerne – oh Mensch – von diesem Trick!

Finde zum Mut wieder zurück,

aus dumm gelaufenem Geschehen

glücklich befreit hervorzugehen.

Zum Glück – teilt uns das Gleichnis mit –

verhilft sehr oft der richt‘ge Schritt.

© Arno Hildebrandt

(Frei nach einer englischsprachigen Geschichte in Prosa,

Autor unbekannt)

(aus meinem Gedichtband „Was mir so eingefallen ist“)

22.4.

Der manipulierte Mensch

Der Mensch, der vom Verstand gelenkt,

benutzt ihn froh, indem er denkt!

Von Anfang an lenkt ihn doch schon

die Macht der Manipulation.

Zur Sehnsucht nach dem Ewig-Leben

wird ihm ein Glaube eingegeben.

Die Hoffnung ist‘s, die gern man spürt,

wenn Angst vorm Tod zum Glauben führt.

Er denkt, im Glauben sei er frei –

woran, ist dabei einerlei.

Der Zeugungsvorgang machte froh!

Daraus entstand ein Embryo.

Wird dann das Menschenkind geboren,

wär’s ohne Hilfe schon verloren.

Drum wird‘s geliebt, gepflegt, gestillt.

– Welch herrliches Familienbild! –

Ein Name wird ihm gleich gegeben,

mit welchem es bald lernt, zu leben.

Das ist der Anfang von millionen

zukünft‘gen Manipulationen.

Dann wird das Kind – nach Glaubenssitten –

alsbald getauft oder beschnitten.

So ist es schon sehr früh passiert:

Es ward wehrlos manipuliert!

Man wartet nicht, bis irgendwann

der Mensch dann selbst entscheiden kann

– ob Jude, Moslem oder Christ –

was für ihn akzeptabel ist.

So wird erzogen man als Kind,

wes Glaubens dessen Eltern sind!

So geh’n die Jahre schnell herum

mit Kita, Schule, Studium.

Dort wird beflissen man gelenkt –

in dem beeinflusst, was man denkt!

Es werden Themen bald gestreift,

welchen Beruf man dann ergreift.

Man spendet Hilfe durch Balancen

von Neigungsdrang und Aufstiegschancen.

Man suggeriert den Sinn zur Pflicht

– beeinflussend – man merkt es nicht!

Tagtäglich auch – im Einerlei –

ist Manipulation dabei!

Gerade in der Medienwelt

wird auf die Probe man gestellt!

Ganz gleich, in Form oder Erscheinung

beachte: BILD DIR DEINE MEINUNG!

Meldungen – manipulativ –

liegen vom Inhalt her oft schief!

Mit Werbung, die das finanziert,

wird man zum Einkaufen verführt.

Dazu erwähnen möcht ‘ ich nur

die Macht der Mode-Diktatur.

Ob Maxi, Midi, Mini, Tracht,

wir haben all‘ das mitgemacht!

Man suggerierte uns dabei,

dass man dann attraktiver sei.

Selbst, wie man Haupthaare frisiert,

ward immer schon manipuliert.

Bei Männern zeigt sich die Methode

auch deutlich in der Barttracht-Mode.

Die Sprache und die Ausdrucksweise

verändert sich – und gar nicht leise.

Zunehmend wirkt der Anglizismus

und jeder meint, dass er da mitmuss.

Hieß ›Jogging‹ einstmals – fällt mir auf –

nicht noch vor Jahren ›Dauerlauf‹?

›Sale‹ wirbt man heut‘ – ich hab’s kapiert –

die Waren wurden reduziert!

Man hat durch Anglizismen-Art

beim ›Sale‹ selbst Buchstaben gespart!

Wo kommen solche Trends nur her?

Wer gibt den Anstoß dazu – wer?

Ist‘s – ob bewusst, ob unbewusst –

schlicht nur zum Nachahmen die Lust?

Wir nehmens auf und geben’s heiter

als angepasster Mensch auch weiter.

Glauben die Menschen wirklich blind,

dass so sie ›up to date‹ stets sind?

Oft reiten wir auch auf ‘ner Welle

und kennen nicht einmal die Quelle!

Die Geistesmanipulation

in der Ersatz- Religion

der Esoterik macht zurzeit

sich stark unter den Menschen breit.

Hier hofft man, mit Gelehrten-Sprüchen

mutlose Menschen aufzufrischen.

Es wird getrost manipuliert

und Egoismus einmassiert.

Das Selbstbewusstsein kommt zum Zug

und ist im Grund ein Selbstbetrug.

Gesellschaft, Politik, Kultur,

Musik und Sport, Literatur,

können nicht – wie wir täglich sehn –

der Manipulation entgeh’n.

Auch dann, wenn man sich unterhält,

wird manches anders dargestellt,

von den zuvor erlebten Sachen.

Man will ‘nen guten Eindruck machen!

Dann kommt der Punkt, wo man kapiert,

dass man stets selbst manipuliert!

© Arno Hildebrandt

21.4.

Der Knabe und der alte Mann

Gelesen von Markus Hildebrandt Rambe

 

Es trafen sich mal irgendwann

ein Knabe und ein alter Mann.

Der Mann saß auf ’ner Bank; – im Nu

setzte ein Knabe sich dazu.

Der Mann sah – scheinbar ohne Sinn –

still und zufrieden vor sich hin.

Der Knabe hat ihn nicht gekannt,

doch hat ihn Neugier übermannt.

»Warum« fragte der Knabe leise

»sagt man, im Alter sei man weise?

Ich dachte,« so der Knabe sprach,

»lässt doch im Alter vieles nach.«

Recht überrascht sah nun der Mann

den Knaben neben sich erst an.

Dann nickte freundlich er und sprach:

»Nun ja, es lässt so manches nach.

Zum Ziel, das man sonst schnell erreicht,

kommt man jetzt später – weil man schleicht.

Vom kahlen Kopfe bis zum Zeh

tut einem irgendetwas weh.«

»Es tut mir leid,« sagte der Knabe,

»falls ich Sie hier beleidigt habe.«

Der alte Mann jedoch sprach heiter:

»Ich rede gern darüber weiter.

Denn Wichtiges im langen Leben,

soll man den Jungen weitergeben.

Doch ist des Altwerdens Vermächtnis –

man spürt auch Lücken im Gedächtnis.«

»Genau das ist es,« sprach der Knabe,

»was ich mir oft gedacht schon habe.

Deshalb verstehe ich ja nicht,

dass man von Altersweisheit spricht.«

Der alte Mann sprach darauf nun:

»Weisheit hat damit nichts zu tun.

Die Weisheit kann man nicht studieren,

denn sie entsteht durchs Ausprobieren.

Das Leben gibt der Weisheit Nahrung –

es ist die Summe an Erfahrung,

die einen Menschen weise macht,

wenn er darüber nachgedacht.«

Der Knabe sah darauf den Mann

voller Erwartung fragend an.

Dieser sprach drum: »Ich kann dir eben

vielleicht ein kleines Beispiel geben:

Wie ich aus meiner Kindheit weiß,

kommt’s vor, dass oft im Freundeskreis

Mutproben werden ausgedacht,

die man – weil man nicht feig’ ist – macht.

Jetzt stell’ dir vor, an einem Tage

kämst du in eine solche Lage.

Du springst von einem hohen Stein

und brichst dir durch den Sprung ein Bein.

Nach der Genesung – frag’ ich nun:

Würdest du das noch einmal tun?«

Der sprach mit lachendem Gesicht:

»So blöd bin ich natürlich nicht!«

Der Alte sprach: »Hast du entdeckt,

wie viel Weisheit schon in dir steckt?

Du hast darüber nachgedacht,

dass Fehler man nicht zweimal macht.

Du wirst gewiss in vielen Jahren

manche Situation erfahren.

Denk’ weiter so – und irgendwann

bist du ein weiser alter Mann!«

© Arno Hildebrandt

(Aus meinem Gedichtband mit dem Titel: „Was

mir so eingefallen ist“)

20.4.

Mit einer zornigen, feurigen und sehr persönlichen Rede gewann Ekin Deligöz den 3. Platz auf der Landesliste von Bündnis 90/ Die Grünen bei der Landesdelegiertenkonferenz in Augsburg am 17. April (leicht gekürzt hier):

19.4.

Wer andern in der Nase bohrt,

ist selbst ein Schwein

von Ottfried Arnold,

vorgetragen von Clara und Greta

 

Nicht in der Stadt noch in der Natur

Ist gewünscht des Abfalls Spur.

„Pfui“ sagt innerlich ein jeder,

das stammt von einem Schmutzel-Peter.

So wollen wir ein Beispiel geben

Und den Schmutz sogleich aufheben.

Ob`s erzieht, ist wahrlich offen,

wenigstens bleibt es zu hoffen.

18.4.

Psalm 19

17.4.

Heinrich Heine

Der tugendhafte Hund

Vorgetragen von Ilse Schreiber

Ein Pudel, der mit gutem Fug
Den schönen Namen Brutus trug,
War vielberühmt im ganzen Land
Ob seiner Tugend und seinem Verstand.
Er war ein Muster der Sittlichkeit,
Der Langmut und Bescheidenheit.
Man hörte ihn loben, man hörte ihn preisen
Als einen vierfüßigen Nathan den Weisen.
Er war ein wahres Hundejuwel!
So ehrlich und treu! eine schöne Seel!
Auch schenkte sein Herr in allen Stücken
Ihm volles Vertrauen, er konnte ihn schicken
Sogar zum Fleischer. Der edle Hund
Trug dann einen Hängekorb im Mund,
Worin der Metzger das schöngehackte
Rindfleisch, Schaffleisch, auch Schweinefleisch packte. –
Wie lieblich und lockend das Fett gerochen,
Der Brutus berührte keinen Knochen,
Und ruhig und sicher, mit stoischer Würde,
Trug er nach Hause die kostbare Bürde.

Doch unter den Hunden wird gefunden
Auch eine Menge von Lumpenhunden
– Wie unter uns -, gemeine Köter,
Tagdiebe, Neidharde, Schwerenöter,
Die ohne Sinn für sittliche Freuden
Im Sinnenrausch ihr Leben vergeuden!
Verschworen hatten sich solche Racker
Gegen den Brutus, der treu und wacker,
Mit seinem Korb im Maule, nicht
Gewichen von dem Pfad der Pflicht. –

Und eines Tages, als er kam
Vom Fleischer und seinen Rückweg nahm
Nach Hause, da ward er plötzlich von allen
Verschwornen Bestien überfallen;
Da ward ihm der Korb mit dem Fleisch entrissen
Da fielen zu Boden die leckersten Bissen,
Und fraßbegierig über die Beute
Warf sich die ganze hungrige Meute –
Brutus sah anfangs dem Schauspiel zu,
Mit philosophischer Seelenruh;
Doch als er sah, daß solchermaßen
Sämtliche Hunde schmausten und fraßen,
Da nahm auch er an der Mahlzeit teil
Und speiste selbst eine Schöpsenkeul.

Moral

Auch du, mein Brutus, auch du, du frisst?
So ruft wehmütig der Moralist.
Ja, böses Beispiel kann verführen;
Und, ach! gleich allen Säugetieren,
Nicht ganz und gar vollkommen ist
Der tugendhafte Hund – er frisst!

16.4.

Der Schnupfen

Ein Schnupfen hockt auf der Terrasse,
auf dass er sich ein Opfer fasse
– und stürzt alsbald mit großem Grimm
auf einen Menschen namens Schrimm.
Paul Schrimm erwidert prompt: „Pitschü!“
und hat ihn drauf bis Montag früh.

Christian Morgenstern
(1871-1914)

Vorgetragen von Clara

15.4.

Clara und Greta tragen vor

Christian Morgenstern (1871-1914)

Ein kleiner Hund mit Namen Fips
erhielt vom Onkel einen Schlips
aus gelb und roter Seide.

Die Tante aber hat, o denkt,
ihm noch ein Glöcklein drangehängt
zur Aug- und Ohrenweide.

Hei, war der kleine Hund da stolz.
Das merkt sogar der Kaufmann Scholz
im Hause gegenüber.

Den grüßte Fips sonst mit dem Schwanz;
jetzt ging er voller Hoffart ganz
an seiner Tür vorüber.

14.4.

Der heroische Pudel
Vorgetragen von Clara und Greta

Ein schwarzer Pudel, dessen Haar
des abends noch wie Kohle war,
betrübte sich so höllenheiß,
weil seine Dame Flügel spielte,
trotzdem er heulte: daß (o Preis
dem Schmerz, der solchen Sieg erzielte!)
er beim Gekräh der Morgenhähne
aufstand als wie ein hoher Greis –
mit einer silberweißen Mähne.

Christian Morgenstern
(1871-1914)

13.4.

Die Schildkrökröte

Vorgetragen von Greta

Ich bin nun tausend Jahre alt
und werde täglich älter;
der Gotenkönig Theobald
erzog mich im Behälter…

Ich kenne nicht des Todes Bild
und nicht des Sterbens Nöte:
Ich bin die Schild – ich bin die Schild –
ich bin die Schild – krö – kröte.

Christian Morgenstern (1871-1914)

12.4.

Getestet waren die Enkelinnen bei uns und wollten Videos machen. Sechs sind entstanden.

Im Gedenken an Prinz Philipp singen Greta und Clara die beiden letzten Strophen von „Der Mond ist aufgegangen“:

Wollst endlich sonder Grämen
Aus dieser Welt uns nehmen
Durch einen sanften Tod!
Und, wenn du uns genommen,
Lass uns im Himmel kommen,
Du unser Herr und unser Gott!

So legt euch denn, ihr Brüder,*
In Gottes Namen nieder;
Kalt ist der Abendhauch.
Verschon’ uns, Gott! mit Strafen,
Und lass uns ruhig schlafen!
Und unsern kranken Nachbar auch!

*gesungen wird: …Schwestern, Brüder…

11.4.

Das Hohelied der Barmherzigkeit Gottes

1 Von David. Lobe den HERRN, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen! 2 Lobe den HERRN, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat: 3 der dir alle deine Sünde vergibt und heilet alle deine Gebrechen, 4 der dein Leben vom Verderben erlöst, der dich krönet mit Gnade und Barmherzigkeit, 5 der deinen Mund fröhlich macht und du wieder jung wirst wie ein Adler. 6 Der HERR schafft Gerechtigkeit und Recht allen, die Unrecht leiden. 7 Er hat seine Wege Mose wissen lassen, die Kinder Israel sein Tun. 8 Barmherzig und gnädig ist der HERR, geduldig und von großer Güte. 9 Er wird nicht für immer hadern noch ewig zornig bleiben. 10 Er handelt nicht mit uns nach unsern Sünden und vergilt uns nicht nach unsrer Missetat. 11 Denn so hoch der Himmel über der Erde ist, lässt er seine Gnade walten über denen, die ihn fürchten. 12 So fern der Morgen ist vom Abend, lässt er unsre Übertretungen von uns sein. 13 Wie sich ein Vater über Kinder erbarmt, so erbarmt sich der HERR über die, die ihn fürchten. 14 Denn er weiß, was für ein Gebilde wir sind; er gedenkt daran, dass wir Staub sind. 15 Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras, er blüht wie eine Blume auf dem Felde; 16 wenn der Wind darüber geht, so ist sie nimmer da, und ihre Stätte kennet sie nicht mehr. 17 Die Gnade aber des HERRN währt von Ewigkeit zu Ewigkeit über denen, die ihn fürchten, und seine Gerechtigkeit auf Kindeskind 18 bei denen, die seinen Bund halten und gedenken an seine Gebote, dass sie danach tun. 19 Der HERR hat seinen Thron im Himmel errichtet, und sein Reich herrscht über alles. 20 Lobet den HERRN, ihr seine Engel, / ihr starken Helden, die ihr sein Wort ausführt, dass man höre auf die Stimme seines Wortes! 21 Lobet den HERRN, alle seine Heerscharen, seine Diener, die ihr seinen Willen tut! 22 Lobet den HERRN, alle seine Werke, / an allen Orten seiner Herrschaft! Lobe den HERRN, meine Seele!

10.4.

Den Vortrag hat wie an jedem Samstag Ilse Schreiber

Hat der alte Hexenmeister 
Sich doch einmal wegbegeben! 
Und nun sollen seine Geister 
Auch nach meinem Willen leben. 
Seine Wort‘ und Werke 
Merkt ich und den Brauch, 
Und mit Geistesstärke 
Tu ich Wunder auch.

Walle! walle 
Manche Strecke, 
Daß, zum Zwecke, 
Wasser fließe 
Und mit reichem, vollem Schwalle 
Zu dem Bade sich ergieße.

Und nun komm, du alter Besen! 
Nimm die schlechten Lumpenhüllen; 
Bist schon lange Knecht gewesen: 
Nun erfülle meinen Willen! 
Auf zwei Beinen stehe, 
Oben sei ein Kopf, 
Eile nun und gehe 
Mit dem Wassertopf!

Walle! walle 
Manche Strecke, 
Daß, zum Zwecke, 
Wasser fließe 
Und mit reichem, vollem Schwalle 
Zu dem Bade sich ergieße.

Seht, er läuft zum Ufer nieder, 
Wahrlich! ist schon an dem Flusse, 
Und mit Blitzesschnelle wieder 
Ist er hier mit raschem Gusse. 
Schon zum zweiten Male! 
Wie das Becken schwillt! 
Wie sich jede Schale 
Voll mit Wasser füllt!

Stehe! stehe! 
Denn wir haben 
Deiner Gaben 
Vollgemessen! – 
Ach, ich merk es! Wehe! wehe! 
Hab ich doch das Wort vergessen!

Ach, das Wort, worauf am Ende 
Er das wird, was er gewesen. 
Ach, er läuft und bringt behende! 
Wärst du doch der alte Besen! 
Immer neue Güsse 
Bringt er schnell herein, 
Ach! und hundert Flüsse 
Stürzen auf mich ein.

Nein, nicht länger 
Kann ichs lassen; 
Will ihn fassen. 
Das ist Tücke! 
Ach! nun wird mir immer bänger! 
Welche Miene! welche Blicke!

O, du Ausgeburt der Hölle! 
Soll das ganze Haus ersaufen? 
Seh ich über jede Schwelle 
Doch schon Wasserströme laufen. 
Ein verruchter Besen, 
Der nicht hören will! 
Stock, der du gewesen, 
Steh doch wieder still!

Willsts am Ende 
Gar nicht lassen? 
Will dich fassen, 
Will dich halten 
Und das alte Holz behende 
Mit dem scharfen Beile spalten.

Seht, da kommt er schleppend wieder! 
Wie ich mich nur auf dich werfe, 
Gleich, o Kobold, liegst du nieder; 
Krachend trifft die glatte Schärfe. 
Wahrlich! brav getroffen! 
Seht, er ist entzwei! 
Und nun kann ich hoffen, 
Und ich atme frei!

Wehe! wehe! 
Beide Teile 
Stehn in Eile 
Schon als Knechte 
Völlig fertig in die Höhe! 
Helft mir, ach! ihr hohen Mächte!

Und sie laufen! Naß und nässer. 
Wirds im Saal und auf den Stufen. 
Welch entsetzliches Gewässer! 
Herr und Meister! hör mich rufen! – 
Ach, da kommt der Meister! 
Herr, die Not ist groß! 
Die ich rief, die Geister 
Werd ich nun nicht los.

»In die Ecke, 
Besen! Besen! 
Seids gewesen. 
Denn als Geister 
Ruft euch nur, zu seinem Zwecke, 
Erst hervor der alte Meister.«

Goethe

9.4.

Bonhoeffers Morgengebet

 

In mir ist es finster, aber bei dir ist es licht. Ich bin einsam, aber du verlässt mich nicht. Ich bin kleinmütig, aber bei dir ist Hilfe. Ich bin unruhig, aber bei dir ist der Friede. Ich verstehe deine Wege nicht, aber du weißt den Weg für mich.

8.4.

Auf, auf, mein Herz, mit Freuden

1) Auf, auf, mein Herz,
mit Freuden nimm wahr,
was heut geschieht;
wie kommt nach großem Leiden
nun ein so großes Licht!
Mein Heiland war gelegt
da, wo man uns hinträgt,
wenn von uns unser Geist
gen Himmel ist gereist.

2) Er war ins Grab gesenket,
der Feind trieb groß Geschrei;
eh er’s vermeint und denket,
ist Christus wieder frei
und ruft „Viktoria“,
schwingt fröhlich hier und da
sein Fähnlein als ein Held,
der Feld und Mut behält.

4) Die Welt ist mir ein Lachen
mit ihrem großen Zorn;
sie zürnt und kann nichts
machen, all Arbeit ist verlorn.
Die Trübsal trübt mir nicht
mein Herz und Angesicht;
das Unglück ist mein Glück,
die Nacht mein Sonnenblick.

5) Ich hang und bleib auch hangen
an Christus als ein Glied;
wo mein Haupt durch ist gangen,
da nimmt er mich auch mit.
Er reißet durch den Tod,
durch Welt, durch Sünd, durch Not,
er reißet durch die Höll;
ich bin stets sein Gesell.

7.4.

Das Karussell

Jardin du Luxembourg

Vorgetragen von Isolde Gatty

Mit einem Dach und seinem Schatten dreht
sich eine kleine Weile der Bestand
von bunten Pferden, alle aus dem Land,
das lange zögert, eh es untergeht.
Zwar manche sind an Wagen angespannt,
doch alle haben Mut in ihren Mienen;
ein böser roter Löwe geht mit ihnen
und dann und wann ein weißer Elefant.

Sogar ein Hirsch ist da, ganz wie im Wald,
nur dass er einen Sattel trägt und drüber
ein kleines blaues Mädchen aufgeschnallt.

Und auf dem Löwen reitet weiß ein Junge
und hält sich mit der kleinen heißen Hand
dieweil der Löwe Zähne zeigt und Zunge.

Und dann und wann ein weißer Elefant.

Und auf den Pferden kommen sie vorüber,
auch Mädchen, helle, diesem Pferdesprunge
fast schon entwachsen; mitten in dem Schwunge
schauen sie auf, irgendwohin, herüber –

Und dann und wann ein weißer Elefant.

Und das geht hin und eilt sich, dass es endet,
und kreist und dreht sich nur und hat kein Ziel.
Ein Rot, ein Grün, ein Grau vorbeigesendet,
ein kleines kaum begonnenes Profil -.
Und manchesmal ein Lächeln, hergewendet,
ein seliges, das blendet und verschwendet
an dieses atemlose blinde Spiel. . .

Rainer Maria Rilke, Juni 1906, Paris 6.4.

Osterspaziergang aus Faust I

Vor dem Tor

Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick,
Im Tale grünet Hoffnungsglück;
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in rauhe Berge zurück.
Von dort her sendet er, fliehend, nur
Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
In Streifen über die grünende Flur.
Aber die Sonne duldet kein Weißes,
Überall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlts im Revier,
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.
Kehre dich um, von diesen Höhen
Nach der Stadt zurück zu sehen!
Aus dem hohlen finstern Tor
Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heute so gern.
Sie feiern die Auferstehung des Herrn,
Denn sie sind selber auferstanden:
Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
Aus Handwerks- und Gewerbesbanden,
Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
Aus der Straßen quetschender Enge,
Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
Sind sie alle ans Licht gebracht.
Sieh nur, sieh! wie behend sich die Menge
Durch die Gärten und Felder zerschlägt,
Wie der Fluss in Breit und Länge
So manchen lustigen Nachen bewegt,
Und, bis zum Sinken überladen,
Entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Berges fernen Pfaden
Blinken uns farbige Kleider an.
Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet groß und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!

5.4.

Daniel Berndl liest Psalm 84

Freude am Hause Gottes

1 Ein Psalm der Korachiter, vorzusingen, auf der Gittit. 2 Wie lieblich sind deine Wohnungen, HERR Zebaoth! 3 Meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen des HERRN; mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott. 4 Der Vogel hat ein Haus gefunden und die Schwalbe ein Nest für ihre Jungen – deine Altäre, HERR Zebaoth, mein König und mein Gott. 5 Wohl denen, die in deinem Hause wohnen; die loben dich immerdar. Sela. 6 Wohl den Menschen, die dich für ihre Stärke halten und von Herzen dir nachwandeln! 7 Wenn sie durchs dürre Tal ziehen, / wird es ihnen zum Quellgrund, und Frühregen hüllt es in Segen. 8 Sie gehen von einer Kraft zur andern und schauen den wahren Gott in Zion. 9 HERR, Gott Zebaoth, höre mein Gebet; vernimm es, Gott Jakobs! Sela. 10 Gott, unser Schild, schaue doch; sieh an das Antlitz deines Gesalbten! 11 Denn ein Tag in deinen Vorhöfen ist besser als sonst tausend. Ich will lieber die Tür hüten in meines Gottes Hause als wohnen in den Zelten der Frevler. 12 Denn Gott der HERR ist Sonne und Schild; / der HERR gibt Gnade und Ehre. Er wird kein Gutes mangeln lassen den Frommen. 13 HERR Zebaoth, wohl dem Menschen, der sich auf dich verlässt!

4.4.

Ostermorgen

Wach auf, das Alte ist vergangen,
wach auf, du froh verjüngte Welt!

Wacht auf, ihr trägen Menschenherzen,
die ihr im Winterschlafe säumt,
in dumpfen Lüften, dumpfen Schmerzen
ein gottentfremdet Dasein träumt.
Die Kraft des Herrn weht durch die Lande
wie Jugendhauch, o lasst sie ein!
Zerreißt wie Simson eure Bande,
und wie die Adler sollt ihr sein.

Wacht auf, ihr Geister, deren Sehnen
gebrochen an den Gräbern steht,
ihr trüben Augen, die vor Tränen
ihr nicht des Frühlings Blüten seht,
ihr Grübler, die ihr fern verloren
traumwandelnd irrt auf wüster Bahn,
wacht auf! Die Welt ist neugeboren,
hier ist ein Wunder, nehmt es an!…

Was dürr war, grünt im Wehn der Lüfte,
jung wird das Alte fern und nah.
Der Odem Gottes sprengt die Grüfte –
wacht auf! Der Ostertag ist da.

Emanuel Geibel * 17. Oktober 1815 in Lübeck; † 6. April 1884 in Lübeck

3.4.

Dietrich Bonhoeffer

Christen und Heiden

Vorgetragen von Ilse Schreiber

Menschen gehen zu Gott in ihrer Not,
flehen um Hilfe, bitten um Glück und Brot
um Errettung aus Krankheit, Schuld und Tod.
So tun sie alle, alle, Christen und Heiden.

Menschen gehen zu Gott in Seiner Not,
finden ihn arm, geschmäht, ohne Obdach und Brot,
sehen ihn verschlungen von Sünde, Schwachheit und Tod.
Christen stehen bei Gott in Seinen Leiden.

Gott geht zu allen Menschen in ihrer Not,
sättigt den Leib und die Seele mit Seinem Brot,
stirbt für Christen und Heiden den Kreuzestod,
und vergibt ihnen beiden.

 

31.3.

Paul Gerhardts 13 Passionsliedern beschreiben in vielen Strophen die Schrecken der Geißelung und Kreuzigung. Doch da besingt auch ein Liebender das Haupt des Geliebten, seine Augen, seine Wangen, seine Lippen. Er erlebt die Leiden Christi nicht nur als furchtgeschüttelter Sünder, sondern als Liebhaber. Das Lämmlein in unseren Versen ist das Lamm Gottes, wie Johannes der Täufer Jesus nennt. Auch hier wird bleibende Liebe erbeten und versprochen. Besonders poetisch wird’s, wenn der Dichter sagt, wer Christus ihm zu allen Zeiten sein wird: ein Schutz, ein Lachen, ein Wasserquell, ein Sprachgesell, also bleibendes Gegenüber und köstliche Seelennahrung. Drei Paul-Gerhardt-Lieder sind vor allem bekannt geworden: „O Haupt voll Blut und Wunden“, „O Welt, sieh hier dein Leben“ und „Ein Lämmlein geht“. Daraus jetzt drei Strophen:

1) Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld
der Welt und ihrer Kinder;
es geht und büßet in Geduld
die Sünden aller Sünder;
es geht dahin, wird matt und krank,
ergibt sich auf die Würgebank,
entsaget allen Freuden,
es nimmet an Schmach, Hohn und Spott,
Angst, Wunden, Striemen, Kreuz und Tod
und spricht: »Ich will’s gern leiden.«

4) Mein Lebetage will ich dich
aus meinem Sinn nicht lassen,
dich will ich stets, gleich wie du mich,
mit Liebesarmen fassen.
Du sollst sein meines Herzens Licht,
und wenn mein Herz in Stücke bricht,
sollst du mein Herze bleiben;
ich will mich dir, mein höchster Ruhm,
hiermit zu deinem Eigentum
beständiglich verschreiben.

6) Das soll und will ich mir zunutz
zu allen Zeiten machen;
im Streite soll es sein mein Schutz,
in Traurigkeit mein Lachen,
in Fröhlichkeit mein Saitenspiel;
und wenn mir nichts mehr schmecken will,
soll mich dies Manna speisen;
im Durst soll’s sein mein Wasserquell,
in Einsamkeit mein Sprachgesell
zu Haus und auch auf Reisen.

30.3.

Die Kreuzwegstationen in St. Johann-Baptist in Neu-Ulm

Nun gehören unsre Herzen ganz dem Mann von Golgatha,
der in bittern Todesschmerzen das Geheimnis Gottes sah,
das Geheimnis des Gerichtes über aller Menschen Schuld,
das Geheimnis neuen Lichtes aus des Vaters ewger Huld.

Nun in heilgem Stilleschweigen stehen wir auf Golgatha.
Tief und tiefer wir uns neigen vor dem Wunder, das geschah,
als der Freie ward zum Knechte und der Größte ganz gering,
als für Sünder der Gerechte in des Todes Rachen ging.

Doch ob tausend Todesnächte liegen über Golgatha,
ob der Hölle Lügenmächte triumphieren fern und nah,
dennoch dringt als Überwinder Christus durch des Sterbens Tor;
und die sonst des Todes Kinder, führt zum Leben er empor.

Schweigen müssen nun die Feinde vor dem Sieg von Golgatha,
die begnadigte Gemeinde sagt zu Christi Wegen: Ja!
Ja, wir danken deinen Schmerzen; ja, wir preisen deine Treu,
ja wir dienen dir von Herzen. Ja, du machst einst alles neu!

Friedrich von Bodelschwingh 1938

29.3.

Die St. Johann-Baptist-Kirche in Neu-Ulm. Ein Bilderbesuch

28.3.

  1. Als Jesus von seiner Mutter ging,
    und die große Heilige Woche anfing,
    da hatte Maria viel Herzeleid,
    sie fragte ihren Sohn mit Traurigkeit:2.
    „Ach Sohn, du liebster Jesus mein,
    was wirst du am heiligen Sonntag sein?““Am Sonntag werd ich ein König sein,
    da wird man mir Palmen und Kleider streun.“3.
    „Ach Sohn, du liebster Jesus mein,
    was wirst am heiligen Montag sein?““Am Montag bin ich ein Wandersmann,
    der nirgends ein Obdach finden kann.“4.
    „Ach Sohn, du liebster Jesus mein,
    was wirst du am heiligen Dienstag sein?““Am Dienstag bin ich der Welt ein Prophet,
    verkünde, wie Himmel und Erde vergeht.“5.
    „Ach Sohn, du liebster Jesus mein,
    was wirst du am heiligen Mittwoch sein?““Am Mittwoch bin ich gar arm und gering,
    verkauft um dreißig Silberling.“6.
    „Ach Sohn, du liebster Jesus mein,
    was wirst du am heiligen Donnerstag sein?““Am Donnerstag bin ich im Speisesaal
    das Opferlamm beim Abendmahl.“7.
    „Ach Sohn, du liebster Jesus mein,
    was wirst du am heiligen Freitag sein?““Am Freitag, liebe Mutter mein,
    ach könnte der Freitag verborgen sein!
    Am Freitag, liebe Mutter mein,
    da werd ich ans Kreuz genagelt sein!
    Drei Nägel, die gehen durch Hände und Füß.
    Verzage nicht, Mutter, das Ende ist süß!“8.
    „Ach Sohn, du liebster Jesus mein,
    was wirst du am heiligen Samstag sein?““Am Samstag bin ich ein Weizenkorn,
    das in der Erde wird neugeborn.“

26.3.

Theodor Fontane

Frühling

Nun ist er endlich kommen doch
In grünem Knospenschuh;
»Er kam, er kam ja immer noch«,
Die Bäume nicken sich’s zu.

Sie konnten ihn all erwarten kaum,
Nun treiben sie Schuss auf Schuss;
Im Garten der alte Apfelbaum,
Er sträubt sich, aber er muss.

Wohl zögert auch das alte Herz
Und atmet noch nicht frei,
Es bangt und sorgt: »Es ist erst März,
Und März ist noch nicht Mai.«

O schüttle ab den schweren Traum
Und die lange Winterruh:
Es wagt es der alte Apfelbaum,
Herze, wag’s auch du.

Wagt fröhliche Frühlingsgefühle! Euer Ernst

25.3.

Frühlingsfeier
(Ludwig Uhland, 1787 bis 1862)

Süßer, goldner Frühlingstag!
Inniges Entzücken!
Wenn mir je ein Lied gelang,
sollt es heut nicht glücken?

Doch warum in dieser Zeit
an die Arbeit treten?
Frühling ist ein hohes Fest;
lasst mich ruhn und beten!

24.3.

 Ein Besuch in Illertissen. Ich erkläre das Brunnendenkmal DER FRIEDE 954 ZU TUSSA, ein alter Name, der mit „Disteln“ zusammenhängt, für die heutige 17.500-Einwohnerstadt an der Iller. Im Dämmerlicht ein Besuch im Vöhlin-Schloss. Und eine Mahnung an zerstrittene Väter und Söhne

 

23.3.

„Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“ von Arno Hildebrandt, gelesen von Markus Hildebrandt Rambe

Die Zukunft – die Vergangenheit
hatten bereits seit langer Zeit
einen verbissnen Grundsatz-Streit
bezüglich ihrer Wichtigkeit.

»Ich bin schon lange auf der Welt,«
führt die Vergangenheit ins Feld.
»deswegen bin ich groß und mächtig,
meine Verdienste strahlen prächtig!
Es ist gewiss nicht übertrieben,
was man schon über mich geschrieben.
Ich habe zugefügte Wunden
und manche Fehler überwunden.
Ich bin mit dem, was einmal war,
lehrreiches Vorbild immerdar.
Zudem wachse ich täglich – stündlich!
Mein Inhalt ist schier unergründlich.
Was bei mir ist, bleibt sicherlich
auf ewig unveränderlich!«

Die Zukunft sagt: »In meinen Zeiten
gibt es aber die Möglichkeiten,
neu zu bestimmen – zu gestalten
und das, was gut ist, zu verwalten.
Du hast versagt in vielen Sachen!
Ich kann es künftig besser machen.
Du bist vom Planen nicht betroffen.
Ich steh’ für alle Menschen offen!
Ich kann ihnen die Hoffnung geben
für ein besseres Erdenleben.
Ich bringe stets die Menschen weiter
und mache sie dadurch gescheiter.
Auf mich nur kann die Menschheit bauen,
drum wird sie sich mir anvertrauen.«

Die Gegenwart war auch am Ort
und meldete sich jetzt zu Wort.
Sie sprach: »Was soll denn dieser Streit?
Ich bin die Herrscherin der Zeit!
Was jetzt ich mache, hat Gewicht;
Ohne mich gäbe es euch nicht!
Kein Rückwärts- und kein Vorwärtsgehen
könnte je ohne mich geschehen.
Alles, was kommt und was geschah,
wär’ ohne mich ja niemals da!
Was soll das zänkische Geräusch?
Ich steh’ im Zentrum – zwischen euch.
Hier sei endgültig festgestellt:
Ich bin der Mittelpunkt der Welt!«

Die große Stille kam danach.
Keiner war da, der widersprach.
Denn niemand kennt den Weg der Zeit
von Zukunft und Vergangenheit!
Wer das Vergang’ne sucht und schätzt,
forscht jederzeit im Heut‘ und Jetzt!
Die Zukunftsplanung, liebe Leute,
entsteht tagtäglich, hier und heute!
Keinem ist – trotz der Forschung – klar,
wie lang Vergangenheit denn war!
So kennt auch kein Studierter, Schlauer,
der Zeit fließende Zukunftsdauer!
Man könnte viel philosophieren. –
Doch würde uns das weiterführen?
Vergangenheit ist, was einst war
Und es wird uns allmählich klar,
dass zwecklos sind die Zukunftsfragen! –
Die Zeit wird uns zum Endziel tragen!

© Arno Hildebrandt
(Aus meinem Gedichtband »Was mir so eingefallen ist«) 

22.3.

Heute, am 22. März, ist Goethes Todestag (1832). So bringe ich mit Farben aus Weimar die Elegie „Auf Miedings Tod“ in Auszügen. Hier kommt nämlich sein berühmter Vergleich von Weimar und Bethlehem.

Im Gedenken an Gärtnermeister Eugen Weimar (14.2.1934 – 14.3.2021)

… Ja, Mieding tot! O scharret sein Gebein Nicht undankbar wie manchen andern ein!.. O Weimar! dir fiel ein besonder Los: Wie Bethlehem in Juda, klein und groß! Bald wegen Geist und Witz beruft dich weit Europens Mund, bald wegen Albernheit…. Und du, o Muse, rufe weit und laut Den Namen aus, der heut uns still erbaut… Und sanfter als des Lebens liege dann Auf dir des Grabes Bürde, guter Mann!

 

 

18.3.

Auch das Lenbachhaus am Königsplatz in München lädt wieder ein. Bitte Tickets im Voraus online buchen. Die Abteilung „Der Blaue Reiter“ öffnet wieder ab 23. März, also nächsten Dienstag. Daraus  heute zwölf Lieblingsbilder. Freude an Natur und Kunst wünscht euer Ernst.

 

 

14.3.

Friedrich Gottlieb Klopstock

* 2. Juli 1724 in Quedlinburg; + 14. März 1803 in Hamburg

Der Zürchersee

 

Schön ist, Mutter Natur, deiner Erfindung Pracht

Auf die Fluren verstreut, schöner ein froh Gesicht,

Das den grossen Gedanken

Deiner Schöpfung noch Einmal denkt…

 

Süss ist, fröhlicher Lenz, deiner Begeistrung Hauch,

Wenn die Flur dich gebiert, wenn sich dein Odem sanft

In der Jünglinge Herzen,

Und die Herzen der Mädchen giesst.

 

Ach du machst das Gefühl siegend, es steigt durch dich

Jede blühende Brust schöner, und bebender,

Lauter redet der Liebe

Nun entzauberter Mund durch dich!…

 

Aber süsser ist noch, schöner und reizender,

In dem Arme des Freunds wissen ein Freund zu seyn!

So das Leben geniessen,

Nicht unwürdig der Ewigkeit!…

 

12.3.

Cäsar Flaischlen

Hab Sonne im Herzen,
ob’s stürmt oder schneit,
ob der Himmel voll Wolken,
die Erde voll Streit!
Hab Sonne im Herzen,
dann komme, was mag!
das leuchtet voll Licht dir
den dunkelsten Tag!

Hab ein Lied auf den Lippen,
mit fröhlichem Klang
und macht auch des Alltags
Gedränge dich bang!
Hab ein Lied auf den Lippen,
dann komme, was mag!
das hilft dir verwinden
den einsamsten Tag!

Hab ein Wort auch für Andre
in Sorg und in Pein
und sag, was dich selber
so frohgemut lässt sein:
Hab ein Lied auf den Lippen,
verlier nie den Mut,
hab Sonne im Herzen,
und Alles wird gut!

 

11.3.

Cäsar Flaischlen . 1864-1920
Februarschnee …

Februarschnee
tut nicht mehr weh,
denn der März ist in der Näh!
aber im März
hüte das Herz,
dass es zu früh nicht knospen will!
warte, warte und sei still!

Und wär der sonnigste Sonnenschein,
und wär es noch so grün auf Erden,
warte, warte und sei still:
es muss erst April gewesen sein,
bevor es Mai kann werden!

 

9.3.

Hugo von Hofmannsthal (1874-1929)

Schneeglöckchen, ei, bist du schon da?
Ist denn der Frühling schon so nah?
Wer lockte dich hervor ans Licht?
Trau doch dem Sonnenscheine nicht!
Wohl gut er’s eben heute meint,
Wer weiß, ob er dir morgen scheint?
„Ich warte nicht, bis alles grün;
Wenn meine Zeit ist, muss ich blühn“.

 

8.3.

Ein Gebet des Thomas habe ich mir zu eigen gemacht.

Thomas von Aquin (* 1225 auf Schloss Roccasecca bei Aquino in Italien; † 7. März 1274 in Fossanova war ein italienischer Dominikaner und einer der einflussreichsten Philosophen und der bedeutendste katholische Theologe der Geschichte. Er gehört zu den bedeutendsten Kirchenlehrern der römisch-katholischen Kirche.

Mit fünf Jahren wurde er als Oblate in das nahe Benediktinerkloster Montecassino geschickt, wo Sinibald, der Bruder seines Vaters, als Abt wirkte. Thomas’ Familie folgte damit der Tradition, den jüngsten Sohn der Familie in ein geistliches Amt zu geben. Von 1239 bis 1244 studierte er im Studium Generale der Universität Neapel. 1244 trat er gegen den Willen seiner Verwandten bei den Dominikanern ein, die 1215 als Bettelorden gegründet worden waren. Um Thomas dem Einfluss seiner Eltern zu entziehen, sandte der Orden ihn zunächst nach Rom und dann nach Bologna. Auf dem Weg dorthin wurde er jedoch von seinen im Auftrag der Mutter handelnden Brüdern überfallen und für mehr als ein Jahr in Schutzhaft gebracht. Thomas fest in seinem Entschluss blieb, Dominikaner zu bleiben, gab die Familie nach und ließ ihn in den Dominikanerkonvent von Neapel zurückkehren.

An der Universität Paris studierte er von 1245 bis 1248 bei Albertus Magnus, dem er dann nach Köln folgte. Von 1248 bis 1252 war er dort Assistent des Albertus. Ab 1252 war er wieder in Paris, wo er bis 1256 lehrte. Von 1256 bis 1259 lehrte er in Paris als Magister der Theologie. 1259 kehrte er nach Italien zurück und lehrte zunächst in Neapel und in Orvieto. Von 1265 bis 1268 war er Magister in Rom, wo er mit der Abfassung der Summa Theologiae begann, dann wieder in Paris und Neapel.

Der gewaltigen Menge seiner Schriften nach zu urteilen liegt es nahe, dem Zeugnis seines Hauptsekretärs zu glauben: demnach hat Thomas drei oder vier Sekretären gleichzeitig diktiert.

Thomas starb am 7. März 1274 auf der Reise zum Zweiten Konzil von Lyon im Kloster Fossanova. Er ist beerdigt in der Jakobinerkirche in Toulouse, Frankreich.

Auch im evangelischen Namenskalender hat Thomas von Aquin einen Gedenktag, den 8. März